Dinge, so oder so

 

Die Dinge des Frühlings (20. April 2008)

Grauen in Baumwolle und Elasthan

   Heute soll ein schöner Frühlingstag werden. Sagt zumindest der Wetterbericht. Die Freude darüber könnte allerdings getrübt werden, wenn das milde Wetter wieder Tausende von Freizeitsportlern in die Natur zwingt. Nein, wir wettern jetzt nicht gegen die Stockläufer, die durch ihr Geklacker argloses Rotwild aufschrecken und obendrein possierliche Kleinnager aufspiessen - das haben wir wir im vergangenen Frühjahr getan. Wir mosern auch nicht gegen die letzten frei lebenden Supermachos, die ihren Frauen auf rostige Dreigangräder setzen und sich selbst ein 3000-Euro-Carbon-Teil nebst Angebersonnenbrille gönnen - die waren vor zwei Jahren dran.

   Im Frühling 2008 widmen wir uns all den Menschen, die nicht eine Sekunde in den Spiegel schauen, bevor sie sich ihrer Umweltin freier Wildbahn oder einer Sporthalle präsentieren. Es ist nun mal so, dass zum Sport auch eine Bekleidung gehört, die in Sachen Grösse, Farbe und Stil passen sollte - was sie leider selten tut. Völlig daneben ist es zum Beispiel, wenn sich ein Mensch mit ausgeprägter Körpermitte in ein superenges Schwimmpräservativ zwängt, das für Olympiarecken entwickelt wurde. Das sieht dann aus wie der Journalist in der Schwimmberichterstattung dieser Ausgabe, der allerdings Teilnehmer eines wissenschaftliches Experiment zur Dehnbarkeit von Kunststoffen war.

   Kommen wir also zu den Sünden des Alltags und beginnen bei unpassenden Socken. Zum Sport ungeeignet sind Billig-Ensembles aus dem Supermarkt, weil sie erstens weiss mit rotblauen Streifen sind, zweitens von minderer Qualität und drittens auch noch ständig rutschen. Noch schlimmer kommen allerdings schwarze Business-Socken zu weissen Laufschuhen und frühlingshaft weisser Haut oder gelb-grüne Aussie-Socken vom letzten Urlaub Down Under. Bitte einfach weglassen. Das gilt auch für die neuerdings im Supermarkt feilgebotenen EM-Sportsocken mit Bündchen in den Nationalfarben.


Arrangement fatal: Ferrari-Socken sind peinlich, werden hier aber noch durch grenzwertiges Schuhwerk getoppt.



   Im Idealfall sind Sportsocken gar nicht zu sehen, weil sie von einem Hosenbein überdeckt werden. Aber auch hier gibt es optische Sünden. Unsere Redaktion weiss von umherziehenden Joggerbanden, die im Winter Altkleidercontainer plündern, um in den Besitz grauer Jogginghosen zu kommen, die zurzeit nicht einmal Kaffeeröster im Programm haben. Diese Hosen verschaffen den Trägern durch ihren grosszügigen Schnitt ein heimatliches Raumgefühl und signalisiert Bodenständigkeit, weshalb sie besonders gerne von mitteralterlichen Herren getragen werden. Vereinzelt wurden auch aufstrebende Börsenmakler im Grauen aus Baumwolle und Elasthan gesichtet. Diese Herren verstehen sich als Trendsetter, liegen aber falsch. Die Joggingfarbe des Saison 2008 ist bei Hosen ein dezentes Schlamm mit Seitenstreifen in Tiffanybordeaux (Männer) beziehungsweise Fliederrosa (Frauen).

   Graue Jogginghosen sind aber optisch immer noch besser als dünnbeinige Bartträger in winzigen Sprinterhöschen der Marke Daschauher. Auch zu kleine Radlerhosen beleidigen das Auge. Diese Hosen sollen zwar eng sein, aber nicht so, dass an den Rändern Fettwülste hervorquellen. Gesteigert wird das noch, wenn der Stoff alt ist und fadenscheinig. Man sieht ja heute noch Radhosen mit den Werbelogos von Profiteams, die sich Anfang der 90er Jahre aufgelöst haben. Wer also noch Material von PDM, Team Stuttgart oder Kotter hat - weg damit.

   Das gilt natürlich auch für Trikots. Neuerdings tragen Freizeitsportler ja auch gerne Botschaften auf der Brust. Man liest "Heul doch" oder "Frauenversteher" in schlechtem Druck auf gelbem Stoff. Dazu werden gerne Retro-Sonnenbrillen aus den 70er Jahren mit Gläser so gross wie Vesperbrettchen getragen. Auch grauenhaft.

   Zum Schluss ein Appell: Korrekte Sportbekleidung besticht durch dezente Farbwahl, stimmige Materialien und eine der Figur entsprechende Grösse. Bei Rückfragen wenden Sie sich gerne an die Redaktion Ihres Vertrauens.
 

 

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