Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (23. März 2008)
 
Der Gummiparagraf
 

   Jahrzehntelang habe ich mir überlegt, wer eigentlich auf den Schwachsinn gekommen ist, Ostereier bunt anzustreichen. Jetzt, da uns weisse Ostern drohen, ist mir schlagartig klargeworden, dass die Idee von grosser Weitsicht zeugt. Oder haben Sie mal versucht, unbemalte Eier im Schnee zu verstecken?

   Aber eigentlich wollte ich an dieser Stelle nicht über Eier sprechen, sondern über Kondome. Aus meiner Zeitung habe ich diese Woche erfahren, dass es in der Bischofsstadt Fulda, unweit des Doms, Deutschlands einzige Schleckerfiliale gibt, in dem man keine Präservative bekommt. Die Vermieterin der Räume, die Katholische Kirche, hat, was ebenfalls von grosser Weitsicht zeugt, in den Mietvertrag eine Sittenklausel reinschreiben lassen, die es dem Mieter verbietet, Artikel im Sortiment zu führen, die dem Ansehen der Kirche schaden könnten. Der Gummiparagraf gilt als unumstösslich.

   Nun könnte man lange darüber diskutieren, inwiefern der Verkauf von Vaseline, Nagellack, Wimperntusche und Nassrasierern für Frauen dem Ansehen der Katholischen Kirche zuträglich ist. Aber Kondome gehen natürlich nicht. Das wäre ja genauso, als würde ich meinem muslimischen Untermieter durchgehen lassen, am Karfreitag keine Maultaschen zu essen. Die Ausübung der Glaubensfreiheit hat dort ihre Grenzen, wo die Hausordnung anfängt.

   Es könne nicht angehen, sagte ein Bistumssprecher namens Ohnesorge der Deutschen Presse-Agentur, dass die Kirche offiziell "mechanische Verhütungsmittel" ablehne, es aber dulde, dass in einem ihrer Häuser Geschäfte mit Kondomen gemacht werden.

   Ich kann mir vorstellen, welche Kommentare diese Aussage eines Katholiken in unseren pietistischen Breiten provoziert. Aber, liebe Brüder und Schwestern, wenn wir einen Moment innehalten, dann wird uns klar, dass die Katholische Kirche anderenseits auch ein total unverkrampfter Laden ist. Immerhin vermietet sie Räume an eine Drogeriekette, die Schlecker heisst.
 

 

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