Sie glauben nicht an Ostern?
Sie denken bei Matthäus an Fussball? Sie sind überzeugt, das
der Osterhase eine Fiktion, Projektion, bestenfalls ein märchenhaftes
Wesen, ursprünglich vieleicht nur, wie oft vermutet wird, ein
schlecht ausgebackenes Osterlamm sei? Reissen Sie sich bitte
zusammen! Nehmen Sie diese Spalte, schneiden Sie sie aus, falte
Sie sie zusammen und verstecken Sie sie vor sich selbst im Garten
oder in einer öffentlichen Grünanlage. Warten Sie ein, zwei
Stunden. lesen Sie den Rest der Zeitung (vieleicht den Reiseteil),
gehen Sie spazieren oder sehen Sie sich einen Sandalenfilm religiösen
Inhalts im Fernsehen an. Dann suchen Sie das versteckte Stück
Papier und freuen sich wie ein Kind über den unerwarteten Fund.
Wer
bezweifelt, dass sich mit solchen Mätzchen die Beseeltheit der
Osterzeit heraufbeschwören lässt, hat vermutlich recht. Tatsächlich
scheint die Melange von christlicher Überlieferung und heidnischem
Brauchtum, als deren Galionsfigur der Osterhase firmiert, nicht
so recht in die Zeit zu passen. Hasen sind nervöse Fluchttiere
und leiden unter dem Image des umtriebigen Erotomanen. Ihre
Funktion als putziges Streichel- und Liebhabetier haben ihnen
die Kleinbären erfolgreich streitig gemacht. Was Wunder, dass
die Leserbriefspalten in der Passionszeit voller Zuschriften
von Osterhasen sind, die über Erschöpfung und Leistungsdruck
klagen.

Unsere
Wissenschaftsredaktion hat sich natürlich des Themas angenommen
und in ihrer Versuchsküche einige Osterhasen gezüchtet, die
psychisch stabil sind und den Kriterien der Globalisierung entsprechen
(siehe Bild). Sie werden bis zu drei Meter gross, sprechen Chinesisch
und können, ausgestattet mit atmungsaktiver Kleidung und Trekkingrucksäcken,
bis zu 500 Haushalte pro Tag bedienen. DIe von ihnen generierten
Eier allerdings hatten einen zu hohen Wasser- und Schwefelanteil.
Und das obwohl sich die Probanden bei der Produktion die grösste
Mühe gaben, ihre Lippen zusammenpressten, während sich in ihren
Gesichtern äusserster Schmerz mit völliger Körperkontrolle vereinten.
Aggregatzustände, die an die Gesichter jener Börsenmakler erinnerten,
die in dieser Woche beim Versuch, goldene Eier zu legen, nur
faulige Zusammenballungen von Lüge und Verdrängung zuuwege brachten.
Es nutzte auch nicht, dass viele Banker das sogenannte Dreihasenbild
(das sich laut Lexikon auf den frühesten uns bekannten Ostereiern
befindet), also drei Hasen mit jeweils einem Ohr als Symbol
der Dreieinigkeit von Gier, Angst und Neid, an ihre Computerterminals
kleben.
Wenn Sie, liebe Leser, unseren
Ausführungen bis hierher gefolgt sind und diese Zeilen nicht
vor Wut zusammengeknüllt haben, sind Sie achon auf die Österliche
Grundstimmung eingeschwenkt. |