In Bayern ist das Rauchen
wieder erlaubt. Im Bierzelt. Au Sicherheitsgründen, damit es
nicht zu Handgreiflichkeiten kommt, wenn Nichtraucher quasi
als verlängerter Arm des Nichtraucherschutzgesetzes ihr Recht
auf rauchfreie Luft durchsetzen wollen. Ausgerechnet im Bierzelt.
Nichtraucherschutzgesetz
- welch ein Wort. Nicht wegen "-schutzgesetz", denn
gesetzlich schützen ist nicht verkehrt. Sondern wegen "Nichtraucher-":
Jemand, der raucht, ist ein Raucher. So wie jemand, der klaut,
ein Dieb ist. Aber jemand, der nicht klaut, ein Nichtdieb? Und
jemand, der ehrlich ist, ein Nichtbetrüger? Oder einfach nur
normal? Anderenseits: "Normalenschutzgesetz" klingt
beknackt.
Derselben Logik folgend könnte
man erwägen, Taschendiebstahl straffrei zu stellen, um
Handgreiflichkeiten zu verhindern, wenn die rechtmässigen Besitzer
durch beharrliches Festhalten des Eigentums ihr Recht durchsetzen
wollen. Selbstverständlich nur in der Sonderechtszone Bierzelt.
Das
Bierzelt ist Bayern, reduziert auf wenige Quadratmeter. Hier
wird gelebt, getrunken, gegesen, gelacht, gefeiert, gestritten.
Und Politik gemacht. Mancher Bayer hat sein Leben selig über
einem Masskkrug ausgehaucht. Und so mancher bayerische Kindersegen
wurde des Abends neben oder hinter dem Bierzelt auf den
Weg gebracht. Im Bierzelt sind alle gleich und werden auch Menschen
vorbehaltslos integriert, die der Muttersprache Bayrisch nicht
mächtig sind. Präzise gesagt: Der Muttersprache vorübergehend
nicht mehr mächtig.

Möglicherweise
hat uns das bayerische Bierzelt sogar vor militärischen Auseinandersetzungen
bewahrt. Millionen Besucher aus Europa und Übersee werden sich
bei einem Besuch des Oktoberfestes gedacht haben: Mit Menschen,
die so rabiat fröhlich sein können, fängt man besser keinen
Streit an. Deshalb ist es klug, dass im Bierzelt geraucht werden
darf. Denn lederbehoste Männer, die zum Rauchen brav vors Bierzelt
treten, sind als Mittel der militärischen Abschreckung
nicht länger brauchbar.
Allerdings
hat Bayern dramatisch an weltpolitischem Gewicht verloren. Man
gehe nur einmal die Liste bedeutender bayerischer Regenten durch:
Ludwig, Luitpold, Franz Josef. Mit Edmund dem Zauderer,
so urteilt die Zeitgeschichte unbarmherzig, begann der Abstieg
des einstigen Königreichs und jetzigen Freistaats Bayern zu
einem beliebigen Bundesland der Berliner Republik.
Jetzt
müssen es Erwin und Günther machen. Keine Frage, Erwin
und Günther verwalten das ihnen durch Erbe zugefallene Bayern
so gut sie eben können. Dass der eine von beiden Franke ist
und nicht rechtgläubig, ist halt die neue Zeit. Dass aber beide
es nicht vermögen, mit ihrer Rede ein Bierzelt in Rage zu bringen,
werden ihnen die Bayern auf Dauer nicht nachsehen. Mit oder
ohne Rauchverbot. |