Am Aschermittwoch
war alles vorbei. Zumindest bisher. Das wird sich nach Plänen
der grossen Koalition, die uns vertraulich zugespielt wurden,
allerdings gründlich ändern: Die Bundesregierung plant, die
närrische Jahreszeit künftig ganzjährig anzuordnen.
Den
Anstoss gaben Mediaanalysen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.
Ihnen zufolge erreichten Veranstaltungen wie "Blau-weisser
Fasching aus Franken", "So fröhlich schunkelt Deidesheim"
oder "Närrisch und blau in Faurndau" deutlich höhere
TV-Einschaltquoten als das Spiel um den dritten Platz
bei der Fussball-WM 2006. Damit war der Nachweis erbracht: Fasching,
Fastnacht, Karneval erreicht die Menschen draussen im Lande.
Das
wollten auch die Parteien, die mit politischen Aschermittwochen
und Starkbieranstichen die Karnevalisierung der Politik
(siehe Bild) längst eingeleitet haben. Künftig machen sie ganzjährig
Ernst mit dem Frohsinn. Parteitage und Wahlkampfveranstaltungen
werden, eingerahmt von Tanzgarden und Alleinunterhaltern, ab
sofort ausschliesslich in Turnhallen und Festzelten stattfinden.
Um auch den Wahlvorgang selbst zu emotionalisieren, stehen die
Urnen unmittelbar nach den Veranstaltungen zur Stimmabgabe bereit.
Von Poltikverdrossenheit dürfte in sublim erotisierter Bierzeltstimmung
keine Rede mehr sein.

Politiker
von links bis ganz rechts haben bereits ihr Einverständnis signalisiert.
Gregor Gysi sagte: "Das soll nun aber nicht bedeuten, dass
wir uns die Gerechtigkeitslücken schöntrinken", während
Roland Koch "lückenlosen und brutalstmöglichen Karneval"
einfordert. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, mit ihrem seit
Jahren praktizierten Dauernlächeln Vorbild für den frohsinnsgestählten
Politikertyp, sieht ebenfalls Spielräume für mehr Karneval:
Weil in Deutschland weniger geraucht werde, könne nun mehr getrunken
werden, um gesamtgesellschaftlich auf dem gleichen Gesundheitsniveauzu
bleiben. Peter Steinbrück plant derweil, nach einer Umstellungsphase
auf den höheren Alkoholkonsum die Branntweinsteuer zu erhöhen,
um dioe Mindereinnahmen aus der Tabaksteuer aufzufangen.
Der
deutsche Einzelhandel zeigt sich interessiert. Zur Hebung der
Konsumstimmung sei karnevaleskes Unterhaltungsprogramm und Alkoholausschank
in Kaufhäusern eine Überlegung wert, erklärte ein Sprecher.
Schliesslich sei erwiesen, dass leicht angeschickerte Menschen
eine grössere Bereitschaft zu Spontankäufen an den Tag legten.
Die
Fernsehanstalten, die die Karnevalslawine losgetreten haben,
arbeiten derweil an neuen Programmstrukturen. Die Fernsehköche
Lafer, LIchter und Lecker servieren künftig Herrentorten und
Katerfrühstücke. Bei RTL wird "DSDS" zu "Deutschland
sucht den Supernarren" umformatiert. An Inhalten und Kandidatenauswahl
will der Sender nichts ändern, lediglich soll Dieter Bohlen
seine Gäste künftig in Reimform beleidigen. In diesem Sinne:
Helau und au weh. Narrhallamarsch. |