Diese Woche geriet wieder
der uralte Berufsstand des Grimasseurs ins Blickfeld
der Öffentlichkeit. Grimasseure zogen einst in alten Planwagen
von Ort zu Ort und verängstigten die Besucher auf Jahrmärkten
mit den abscheulichsten Gesichtsverzerrungen. Der Begriff Grimasseur
geht zurück auf den französischen Adligen Maurice Chevalier
Duc de Grimasseur, der im 16. Jahrhundert an der Spitze eines
kleinen Heeres die zahlenmässig überlegenen Osmanen aus Europa
zurückschlug, indem er so fürchterliche Fratzen schnitt, dass
die Invasoren die Flucht ergriffen oder sich freiwillig taufen
liessen.

Im
Zeitalter digitaler Fotografie schien der Grimasseur in Vergessenheit
zu geraten. Schliesslich ermöglicht die moderne Technik ohne
langes Training Verzerrungen bis zur Zweieinhalbfachen der Erdbeschleunigung.
Dennoch: Im Verborgenen blühte die Kunst des Grimassierens
in vielen Ländern weiter. In den USA treffen sich derzeit
im Zuge des Vorwahlkampfs die besten Grimasseure des Landes
zu einem Wettstreit auf höchstem Niveau. Wie früher ziehen sie
mit ihren Wohnmobilen, mobilen Telekommunikationsanlagen, Leibwächtern,
Diatköchen und Marketingexperten von Ort zu Ort, um die Zuschauer
das Fürchten zu lehren. In Führung liegen derzeit die Grande
Dame des Metiers, Hillary Clinton. Nach verhaltenem Start legte
sie diese Woche mächtig zu und erhielt in Kür und Pflicht Bestnoten.
Natürlich zeigte sie ihre bekannten Klassiker wie "Das
Erdbeben von Lissabon" (siehe Bild oben) oder den "Brennenden
Dornbusch". Aber auch neue Fratzen wie "Schrei
der Eule am braunen Fluss" (siehe Bild unten) waren
zu sehen.
 Ihr
Konkurrent, den man nur unter seinem Künstlernamen "Der
grosse Obama" kennt, beschränkt sich auf die Disziplinen
"Dauerlächeln", "Mahnen" und
"Aufrütteln". Zu wenig für den Sieg. Auf Rang
drei findet sich John Edwards (siehe Bild unten), der grosse
Erneuerer der Grimassierkunst. Millionen Amerikaner sahen jahrelang
sein drohendes Lächeln, nahmen aus Angst schlecht bezahlte Arbeiten
auf oder verzichteten auf häusliche Gewalt.

Wer
sich selbst in der Kunst des Grimassierens üben will, sollte
vorsichtig zu Werke gehen. Allzu leicht kommt es zu Muskelrissen
oder zur Zahnschiefstellung. Beginnen Sie also mit einem leichten
Malmen des Kiefers. Wer seine Augen weiten will, stellt sich
vor, Hillary Clinton würde an einem ganz normalen Vormittag
an der Haustüre klingeln. Merken Sie den dabei entstehenden
Gesichtausdruck und schicken Sie uns Ihre Grimasse in die Redaktion.
Die besten Einsendungen werden mit einem Gesichtspeeling prämiert. |