Dinge, so oder so

 

Die Dinge zu Weihnachten (25. Dezember 2007)

"Es ist ein Ros ent-sprungen aus ei-ner Wurzel zart"

Vieles von dem, was zu Weihnachten in der Kirche gesungen wird, kommt bei Kindern nicht an. Entfremden Lieder die Jugend vor Gott?

   

   Die Kirche war eigentlich immer schon ein Ort der Missverständnisse. Vieles von dem, was von der Kanzel gepredigt wurde, kam beim Volk nicht recht an. Bis in die 60er lag das vor allem daran, dass der Priester mit dem Rücken zu seinen Schäfchen betete. Daher verstand niemand etwas. Verstärkt hat den Effekt, dass er die Messe in Latein hielt und in den Bänken nicht nur Altphilologen sassen. Missverständnisse im Kirchenschiff haben also Tradition. Besonders Kinder kämpfen damit, die Stimme Gottes richtig zu deuten.

   Wieso sang der Pfarrer in der Kirche bloss "Es ist ein Roß entsprungen"?, fragte sich etwa der Autor bis ins Teenageralter. Hatte Gott ein Gestüt in Jerusalem? Was bedeutete die Zeile "Vom Himmel hoch, da komm' ich her, ich bring' euch einen neuen Mäher?" Warum trällerten die Menschen "Oh du fröhliche, oh du selige, Knaben bringende Weihnachtszeit?". Was sollte das? Und. War Joseph - der Vater von Jesus - ein archaischer Supermann, weil er "hoch oben den Engeln was vorschwebte", wie es das Lied "Ihr Kinderlein kommet" sagt? Eigentlich hiess es da zwar: "Hoch oben schwebt jubelnd der Engelein Chor", nur verstanden haben wir das eben nie.

   Übrigens genauso wenig wie die Sache mit Holger Knabe, dem Typen mit dem lockigen Bart. Holger war eine komische Gestalt, die in "Stille Nacht, Heilige Nacht" auftaucht. Wer verdammt war das? Dass es sich eigentlich um einen "holden Knaben im lockigen Haar" handelte, entzog sich schlichtweg unserer Kenntnis. Sowieso wimmelte das Lied von komischen Typen. Zum Beispiel war da "Owi", Gottes Sohn. Irgendwie waren wir uns recht sicher, dass Jesus Gottes Sohn war, im Lied hiess er aber "Owi". Kein Zweifel - auch meine Mutter sang neben mir in der Kirche stehend: "Gottes SOhn, oh, wie lacht ...". So ganz klar wurden uns Kindern die Verwandschaftsverhältnisse im Hause Gottes jedenfalls nie.

   Die waren daheim klarer: Unter dem Tannenbaum brüllte man lauthals "Oh Tantenbaum, oh Tantenbaum, wie grün sind deine Blätter". Auch "Tuntenbaum" stand hoch im Kurs. Während die Eltern die Augen verdrehten, quäkten wir "Morgen kommt der Weihnachtsmann, kommt mit seinen Gabeln". Da war es nur echt und billig, dass uns Knecht Hup-Recht, der übrigens mit einem gewissen Nico-Klaus erschien, dafür immer eins überbriet. Als Entschädigung gab es dann "Weisskraut" und "Mürbes", pardon, "Weihrauch" und "Myrrhe".

   Für die Feinschmecker unter uns hatte die kirchliche Liturgie einen besonderen Leckerbissen parat: Die berüchtigte "Litanei zum heiligen Taddäus". Generationen von Pennälern interpretierten das Gebet mit der Zeile "Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Zünder der Welt" recht kriegerisch. "Was sollte diese Anspielung auf frühe biblische Selbstmordattentäter?" fragten wir uns und gaben gleich selbst die Antwort: Wenn schon die Wege des Herrn unergründlich sind, dann wohl auch seine Worte! "Zünder" statt "Sünden"? Wen juckt's?

   Wieder andere vermuteten hinter dem Festtag "Maria Empfängnis" den Schlachtruf "Maria ins Gefängnis!". Und wer von "Maria, die geknebelten unter den Räubern" sprach, meinte eigentlich "Maria, die Gebenedeite unter den Weibern".

   In diesem Sinne frohes Singen: Im Namen des Vaters, desSohnes und der heiligen Geisslein. Armen.
 

 

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