"Lotto-Wahnsinn"
titelte in dieser Woche der Zeitschriftenboulevard: "Deutschland
träumt vom Super-Jackpot". Es ging alles oder nichts, wie
etliche Lottobudenbesitzer zu spüren bekamen: Mehrere dutzend
Kioske wurden von rabiaten Glücksspielern, die den Annahmeschluss
verpasst hatten, bis auf die Grundmauern niedergerissen. Sie
sollen aber bis Weihnachten mit den Erlösen aus einer ARD-Spendengala
wieder aufgebaut werden.
Der Papierpreis
stieg wegen des Loto-Fiebers (siehe Bild) auf ein neues Allzeithoch,
der Papiermarkt war völlig leergefegt. Jedes noch so kleine
Fitzelchen Papier, auf dem sechs hastig hingekritzelte Kreuze
und eine Superzahl Platz fanden, wurde von Lotto-Besessenen
bei der Annahmestelle eingereicht. Selbst Hausbriefkästen quollen
über von Spielscheinen, eingeworfen von verwirrten Menschen,
die Zahlen vor sich hin murmelnd durch die Strassen irrten.
Wahrsager machten das Geschäft ihres Lebens und konnten
darauf verzichten, selbst Lotto zu spielen.

Nichts
mehr in Deutschland ist nach dem Super-Jackpot wie zuvor. Viele
Ehen sind in die Brüche gegangen, weil mit den Zahlen von
Geburts- und Hochzeittagen gespielt und nicht gewonnen wurde.
In Bad Oldesloe setzte noch in der Nacht zum Donnerstag ein
74-jähriger Rentner seine Frau nach 51-jährigen Ehe mit den
Worten "Du hast mir immer nur Unglück gebracht!" vor
die Türe. Hunderte von Angehörigen mit falschem Geburtsdatum
wurden enterbt - angesichts der ausgebliebenen Millionen ein
nur theoretischer Verlust.
Und das
alles wegen 43 Millionen Euro. Peanuts, für die ein deutscher
Spitzenmanager höchstens fünf Jahre arbeiten muss. Ein
Sprecher des Verbands Deutscher Manager mahnt: "Geld alleine
macht nicht glücklilch. Man muss auch damit umgehen können."
Gleichwohl überlegen einige wohlmeinde Spitzenverdiener, einen
Teil ihrer diesjährigen Aktienoptionen am Wochenende in einem
Super-Jackpot zu verlosen, statt sie wie branchenüblich in ein
Diamantencollier für die Vorstandsassistentin umzuwandeln. Schliesslich
ist bald Weihnachten. |