Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (25. November 2007)
  

   Mal ehrlich, lieber Leser: Gibt es etwas Schöneres, als so richtig im Müll herumzuwühlen, sich wohllüstig zu besudeln oder andere mit Dreck zu bewerfen? Heute ist es soweit: Unsere heutige Ausgabe zum Thema Müll berechtigt dazu, diese Glosse, die normalerweise dem Edlen, Wahren und Schönen gewidmet ist, bis zum Seitenrand in den Schmutz der Gosse zu ziehen. Erwarten Sie also im Folgenden allerlei Dreibastigkeiten, Vulgäritäten und die Ausdünstungen einer verderblichen Fantasie.

   Sollten Kinder in der Nähe sein, schliessen Sie diese Ausgabe nach der Lektüre bitte in den Glasschrank, wo auch Ihre Kognakflaschen aufbewahrt werden - genau, da hinten links neben dem Bücherbord. Sollten Minderjährige dennoch in den Besitz dieser Zeitungsausgabe kommen, übernehmen wir keinerlei Verantwortung für die Folgen.



   Dabei ist Müll ja nicht gleich Müll. Wer diese Spalte sorgfältig prüft und durch eine moderne Aufbereitungsmaschine mit Partikelmessfunktion laufen lässt, wo leichte Präpositionen von schweren Hauptwörtern getrennt werden, stösst vielleicht auf den einen oder anderen gebrauchten Nebensatz oder eine schmucke Infinitivskonstruktion, die sich zu Hause neben dem Fernseher gut machen würde. Und was wäre die Literatur, die Poesie, die Kunst, wenn sich das Hehre nicht zum Primitiven gesellen würde? Basiert nicht das Prinzip grosser Kunstauf der Scheidung von Gut und Böse - also dem Prinzip der Mülltrennung - und der Emporhebung zum Licht, also der Wiederverwertung des vermeintlich Minderwertigen? Die Zeitgeist-Literatur hat dieses Ideal leider aus den Augen verloren und stochert wenig motiviert in der modernen Abfallbegrifflichkeit herum. Die poetische Umsetzung von Deponieklassen, Inertabfällen oder des Zwangsentledigungsprinzips flüssigen Abfalls darf bis zum heutigen Tag als gescheitert betrachtet werden.

   Zu allem Überfluss müssen sich Autoren auch noch an das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz halten. Deshalb sind auch wir gezwungen, diese Glosse ordnungsgemäss und schadlos zu entsorgen. Gott sei Dank handelt es sich um Abfall der Deponieklasse DK 0. Trennen Sie also diese Spalte mit einem scharfen Küchenmesser ab und legen Sie im Garten eine mineralische Basisabdichtung mit Sickerwasserdränagesystem an. Dort lagern Sie die Glosse und warten, bis sich allerlei Kleinnager darüber hermachen und der biologischen Zerfallprozess einsetzt.

   Wie? Sie sind das ganze Gerede über Literatur und Müll satt und wollen, dass endlich die Zusage, hier richtig fetten Unrat zu servieren, eingehalten wird? Tut uns leid, aber dann müssen wir für die Entsorgung eine Deponie der Klasse II mit einer mineralischen Dichtung und einer Kunststoffbahn an der Basis aufsuchen. Dafür haben wir weder Zeit noch Lust. Suchen Sie Ihren Müll also bitte woanders.
 

 

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