Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (04. November 2007)
  

   Wenn demnächst unversehens ein mächtig gezwirbelter Schnauzbart hinter Ihrem Briefkasten auftaucht, lieber Leser, dann könnte es sich um den ersten indischen Briefträger handeln, der bald durch deutsche Wohnsiedlungen streifen wird. Die Deutsche Post und due Indische Post wollen nämlich eng zusammenarbeiten und haben deshalb in Neu-Delhi während des Besuchs von Bundeskanzlerin Merkel eine Absichtserklärung unterzeichnet.

   Deutschland wird also demnächst zu einer postindischen Gesellschaft. Das hat gute Gründe: Durch den Klimawandel entsteht in Mitteleuropa bald eine subtropische Schwüle, für die der Deutsche auf Grund seiner schweren Knochen und seiner hellen Haut nicht geeignet ist. Der Inder dagegen, sehnig und ausdauernd, wird mit seiner Postrikscha durch die Strassen schaukeln und sich nach Feierabend in ein schlichtes Taj Mahal mit Ikeamöbeln kuscheln.

   Es hilft nichts, wenn wir uns dagegen auflehnen. Dem Inder gehört die Zukunft. Er hat das Indernet erfunden, mit dem er die Welt digital kolonisierte, und stürmt jetzt die Post - die letzte Bastion unseres einst weltweit gefürchteten öffentlichen Dienstes. Bollywoodeske Frauen (siehe Bild) werden Einschreiben und Werbedrucksachen verteilen. Ihre braune Haut, von Tropfen des Monsumregens benetzt, der bald auf unsere Strassen hinabrauscht, wird wohltuend mit dem Einheitsgrau deutscer Mehrfamilienhäuser konstrastieren. Banghra-Popmusik und der Geruch von nach exotischem Müll werden durch die Strassen wehen. Mit den Postindern schleichen sich koloniale Traumbilder in die deutsche Behaglichkeit: Dunkle Dschungelnächte voll seltsam lockender Geräusche, das grelle Farbenspiel der Saris und der Geruch von Butter Chicken gemischt mit den Ausdünstungen heiliger Kühe. Die deutschen Hausfrauen werden wehmütig in die Luft schnuppern und die schneidigen Briefträger mit einem schelmigen "Salam, Sie schauen aber heute gut aus, Herr Adriti Singarsaopan" begrüssen.

   Um der Indianisierung nicht unvorbereitet gegenüberzustehen, empfiehlt es sich, bereits jetzt inderkulturelle Kompetenz zu erwerben. Kochen Sie doch einfach mal ein leckeres Kamasutra mit Mandalay-Sauce und dem Extrakt der indischen Sternschildkröte. Buchstabieren Sie übungshalber Worte wie Bhandyophadyhai vorwärts und rückwärts und veranstalten Sie Bollywood-Partys, auf denen am Ende alle Saris zu Schmachtfetzen zerrissen werden und jeder Drink eschnapur serviert wird. In der kommenden Ausgabe legen wir wir einen Tandoori zum Ausschneiden bei. Wer herausfindet, was man damit machen kann, soll sich bei uns melden. Wenn nicht, gibt's einen Hyderabad!
 

 

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