Es muss hier über die
Nase gesprochen werden. Warum? Nun, das Bistum Fulda hat
seinen katholischen Kindergärten den Besuch eines Theaterstücks
zur Sexualaufklärung im osthessischen Künzell untersagt. Das
Stück "findet nicht die Billigung der katholischen Kirche",
erklärte der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen. Das Bühnenstück
"Nase, Bauch und Po" will die Frage der Kinder zu
Freundschaft, Liebe und Berührung thematisieren - heisst es.
Nun
gut, Bauch und Po hätte man in diesem Kontext vermutet - aber
die Nase? Fernab vom Unterleib in der frischen Luft verortet,
soll sie jetzt im Morast der Sexualaufklärung versenkt werden.
Früher, in Zeiten des Irrglaubens, war die Nase der verlängerte
Arm des Geschlechtstriebs. Männlicherseits galt sie geradezu
als Garant für geschäftlichen Erfolg, dem ja bekannterweise
meist auch das Glück in Liebesdingen folgt. Haare auf der Nase
waren ein Indiz für Willensstärke, ein verstopftes Riechorgan
verhiess seelisches Ungemach, wenn nicht gar den Verlust der
Doppelgarage. In Zeiten der Globalisierung hat die Nasendeutung
an Schlagkraft verloren. Unsere Wissenschaftsredaktion hat Hunderttausende
von Nasen verglichen und die Ergebnisse vergessen. Klar ist
nur. Die erotische Bedeutung der Nase ist von der Kirche völlig
richtig erkannt worden.
Ein
kleines Organ nämlich, das so genannte Jacobson-Organ,
liegt in der Nase aller auf dem Land lebenden Wirbeltiere. Wer
im südhessischen Künzell aufwächst, kann getrost von sich behaupten,
er lebe auf dem Land, entstammt also einem Kulturkreis, in dem
man die Nase noch im Gesicht und nicht im Unterleib trägt. Wissenschaftler
fanden heraus: Bei Mäusen verhalten sich nur die Weibchen mit
funktionstüchtigem Jacobson-Organ weiblich. Fällt das Organ
aus, wechselt sie das Geschlecht. Sie hört auf, sich mit Nestpflege
zu beschäftigen. Stattdessen beginnt sie, um Weibchen zu balzen
wie ein Männchen.
Ohne Nase geht
es also drunter und drüber. Wer schon einmal wie der alte
Kowalew in Gogols berühmter Erzählung ohne Nase aufwachte, weiss,
wovon die Rede ist. Der wollte den Verlust der Polizei melden,
während seine Nase seelenruhig auf dem Newski-Prospekt spazieren
ging. Dem Verlust oder Po hätte Kowalew womöglich garnicht bemerkt,
und wenn doch, durch geschickte Kleidung und Wodkakonsum kaschiert.
Die fehlende Nase aber stiess ihn in ein Pandämonium seelischer
Abgründe. Und jetzt will ein hessisches Provinztheater unschuldige
Kinder mit der Nase auf diese Problematik stossen, statt zu
warten, bis sie reif und ernst selbst erste Nasenerfahrungen
machen, sich ihres Hineinragens in die Seelenlandschaft bewusst
werden.
Die Sache ist also verzwickt
und alles andere als ein Sturm im Wasserglas, von dem die Organisation
Donum Vitae sprach. Was hätte eine stolze Nase auch in einem
Wasserglas zu schaffen? Sie ist schliesslich kein Laternenpfahl
im Geplätschers des Zeitgeistes. Wir fordern deshalb: Lasst
die Nase raus aus den kleinlichen Streitereien um Kindererziehung
und Aufklärung. Packt sie warm ein, schickt sie meinetwegen
alleine zum Einkaufen. Aber in Kinderhände gehört sie nicht. |