Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (08. August 2007)
  

   Wer dieser Tage im Supermarkt in sein vertrautes Kühlregal griff, um eine Packung Milch herauszuholen, griff ins Leere. "Abverkauft nach China," nuschelte der Lehrling. Un der Joghurt? "Erdbeere und Schokolade komplett in China." Griesspudding? "China!"  Sahne, Magerquark, Frischkäse, Butter? "Schon auf dem Weg nach Fernost." Es ist also so weit: Der Chinese trinkt uns die Milch weg und isst uns die Butter vom Brot.

   Nachdem er sich über Jahrhunderte hinweg still und genügsam verhalten hatte, der Individualität abschwor, auf dem Feld arbeitete und ab und zu Raketen zusammenschweisste, die selten ihr Ziel im Weltall fanden, entwickelt er jetzt einen fatalen Sinn für Hedonismus und nuancierten Geschmack. Glückliche Fische schwimmen in einem Meer aus Milch, heisst die offizielle Doktrin im Reich der Mitte. Also entspannt sich auch Genosse Wang nach der Arbeit im Reisfeld beim Unterschichtenfernsehen und löffelt dazu Haselnuss-Joghurt (siehe Bild).


   Doch ein langer Weg beginnt mit einem winzigen Schritt, sagt Konfizius. Also wird sich der Chinese nicht mit Milch begnügen. Er wird paniertes Schnitzel, Seidenunterwäsche und französischen Rotwein begehren. Vielleicht sogar anfangen, Sport zu treiben. Eine Milliarde Menschen, die mit Nordic-Walking-Stöcken herumfuchteln und mit ihrer ausdünstenden Transpiration das Weltklima noch mehr in Schieflage bringen. Damit nicht genug: Der Chinese wird sich dem Trend zum Eigenheim anschliessen und samstags den Gartengrill anfeuern. Die Rauchschwaden werden den Himmel verfinstern, das Zischen der geöffneten Bierflaschen noch in Europa die Seismografen nach oben schnellen lassen.

   Es gibt nur eine Hoffnung: Der Chinese verträgt eigentlich weder Milch noch Alkohol. Ihm fehlt es nicht am Willen zum Exzess, sondern am dafür notwendigen Enzym. Schicken wir ihm also coontainerweise Milch und Schnaps und warten einfach, was passiert. Die werden schon sehen.
 

 

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