Wer diese Tage mit Google Earth
die Welt von oben betrachtete, dem musste ein bräunlicher
Glanz über den deutschen Innenstädten auffallen. Auch unsere
Wissenschaftsredaktion rätselte über die Bedeutung dieses Farbstichs
und wurde erst in dieser Woche durch eine Pressemitteilung des
"Tiefkühlkuriers" aufgeklärt: Es handelt sich um den
den Siegeszug des Fischstäbchens.
Kolonnen
von Fischstäbchen (siehe Bild) also, goldbraun gebräunt,
paradieren unter dem Jubel und der herzlichen Anteilnahme der
Bevölkerung durch deutsche Städte. Sie werden von Bürgermeistern
empfangen, tragen sich in Gästebücher ein und äussern sich besorgt
über den weltweiten Klimawandel.
 Experten
sind sich einig: Die Welt mit Fischstäbchen ist eine bessere.
Obwohl oft hämisch als Stapelfisch abqualifiziert, gelten sie
als fleissig, loyal und lassen sich bei Bedarf in jede politische
Richtung drehen und wenden. Nachdem die vielfachen Unterbrechungen
der Kühlkette endlich ausgeräumt wurden, steht einer stärkeren
Präsenz von Fischstäbchen nichst mehr im Weg. Laut "Tiefkühlkurier"
ist das "Geheimnis der Erfolgstory" in der Zusammensetzung
zu suchen: Aussen knusprig, innen weich. Das korrespondiert
mit einer zunehmender Nachfrage nach weichen Faktoren in der
Wirtschaft: Teamfähigkeit, Offenheit, Empathie, bei gleichzeitiger
Fähigkeit zur Präzision. Jedes Stäbchen misst genau neun mal
2,6 mal 1,1 Zentimeter. Dieses Mass lässt sich nur mit fettreduzierter
Ernährung und härtester Disziplin aufrechterhalten. Pilates,
Mineralwasser und die Fähigkeit zur Work-Life-Balance sind die
Erfolgsfaktoren.
Allerdings ist nicht alles
so goldbraun, wie es scheint. Laut Pressemitteilung muss der
Fischanteil jedes Stäbchen 65 Prozent betragen. Kritiker
vermuten, dass der Rest auch Bestandteile unserer dunklen Vergangenheit
enthält. Gab es Fischstäbchen in der Waffen-SS oder in der NSDAP?
Gibt es Verbindungen zum internationalen Terrornetzwerk al-Qaida?
Der "Tiefkühlkurier" schweigt dazu. So mehren sich
sich die Stimmen die Aufklärung über die sogenannte Restquote
fordern. Schreiben Sie, lieber Leser, an den "Tiefkühlkurier",
Bonner Strasse 484, 50968 Köln, und verlangen Sie Aufklärung.
Bis dahin essen Sie Hähnchen, Schnecken oder Spinatpizza.
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