Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (13. Mai 2007)
  

  Endlich beendet die Politik den Eiertanz um fehlende Krippenplätze - das Problem löst sich zur Weihnachtszeit in vielen deutschen Wohnstuben ohnehin von selbst - um Gnadenerlasse für Raucher und Rechtsüberholer oder um den Bekanntheitsgrad des SPD-Obersten Knut Beck. Sie wendet sich einem Thema zu, das die Mehrheit der Bevölkerung am eigenen Leib spürt: Deutschland ist zu fett.

  Längst ist unser Land aus dem nach Arbeit und Aufschwung riechenden Blaumann der alten Bundesrepublik herausgewachsen. Der Fortsatz in Form der ehemaligen DDR, den sich Deutschland dabei angefressen hat, gilt unter Gesundheitsexperten als bedenklich: In geheimen Vorratskammern der Stasi werden noch Altlasten in Form von mehreren 100 000 Tonnen Goldbroiler, Bratwurst und Soljanka vermutet. Politikwissenschaftler befürchten, dass Deutschland bald sogar die Grenzen von 1937 nicht mehr passen könnten.

  Auch die Hauptstadt liegt uns schwer im Magen. Das Altfett aus Dönerbuden, Thai-Imbissen und Bulettenbratereien, in welchen die zuvor in märkischem Sand gewäzten Berliner herausgebacken werden, gilt als absolut unverdaulich, Ekel und Krebs erregend. Hoffnung für Berlin macht allenfalls, dass immer mehr Menschen von Hartz IV leben und auf die Versorgung aus Suppenküchen angewiesen sind. Dort wird noch gesunde Kost serviert, deren kleine Portionen automatisch zu einer Bevölkerungsverschlankung beitragen. Berlins regierender Feinschmecker Klaus Wowereit erwägt zudem, für alle Sozialhilfeempfänger einmal wöchentlich Kohlsuppe anzuordnen - wegen ihrer gesundheitsfördernden Wirkung.


  
  Derweil streiten sich Historiker, ob die deutsche Geschichte in Teilen neu geschrieben werden muss, wenn die Bundesregierung der Volksverfettung zu Leibe rückt. Ist die deutsche Wiedervereinigung ungültig, weil Altkanzler Helmut Kohl zum Zeitpunkt der Zwei-plus-vier-Gespräche 113 Kilo Übergwicht hatte? Teile der SPD neigen dieser Ansicht zu. Ist mit dem Tilgen des praktizierenden Eisbeinfreunds Ludwig Erhard (siehe Bild) aus den Geschichtsbüchern zugleich auch der Abschied von der sozialen Marktwirtschaft verbunden? In katholischen Zirkeln der CDU formiert sich Widerstand. Auf die grosse Koalition kommen schwere Stürme zu.
 

 

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