"Der
Verdacht, dass man das Blut mit Epo anreichern wollte, ist ebenso
so gross wie der Verdacht, dass Blutwurst daraus gemacht werden
soll." Peter-Michael
Diestel, Anwalt von Jan Ullrich.
Blutwurst
also. Kein Doping. Hätte uns auch gewundert, dass Deutschlands
bester Radler nur ein windiger Betrüger ist. Er ist natürlich
Opfer des gewissenlosen Madrider Gynäkologen Eufemiano Fuentes,
dessen Labor ja schon seit geraumer Zeit als "Wurstküche"
bezeichnet wird. Blutwurst aus der Wurstküche - jetzt ergibt
das alles einen Sinn. Ist allerdings trotzdem völlig falsch.
Wir haben unsere besten Kräfte unserer Wissenschaftsredaktion
zu einer mehrmonatigen Recherche ausschwärmen lassen und sind
jetzt in der Lage, die Geschichte der Madrider Blutbeutel exakt
nachzuzeichnen.
 Blutige
Erkenntnis: Ein Madrider Beutel kurz vor der Infusion in einem
Fernfahrerhotel.
Alles
begann vor gut einem Jahr damit, dass der stets hungrige Ullrich
bei einer kleinen Trainingsrunde durch seine Schweizer Wahlheimat
einem menschlichen Bedürfnis nachkam und sich an einem Plakatständer
erleichterte. Da er dabei sonst nichts zu tun hatte, las er
bedächtigt den Text des Plakats - ein Aufruf des Schweizer Roten
Kreuzes zur Blutspende. Die eidgenössischen Helfer lockten Willige
mit einer Prämie von zwei Franken und einer strammen Mahlzeit
mit Mönchskopfkäse ("Tête de Moine") aus dem Kanton
Bern, garniert mit einem Schlag Härdöpfelknöpfli (Erdäpfelknöpfe?)
aus dem schönen Aargau nebst einem Glas fruchtigen Walliser
Fendant.
Ullrich beendete versonnen seine
Erleichterung und beschloss, ein wenig Blut abzugeben, um sich
danach die Erdäpfelknöpfe zu gönnen. In den nächsten vier Tagen
machte er das insgesamt neunmal (4,5 Liter), was seine Äusserung
bei der Tour de Romandie im April 2006 erklärt, bei der er sich
ein bisschen müde gefühlt hatte.
Was Ullrich
nicht wusste - die Plakate waren plumpe Fälschungen, das angebliche
"Labor" im Keller einer runtergekommenen Lagerhalle
im Industriegebiet von Kreuzlingen die illegale Zapfstation
der sibirischen Blutmafia. Ullrich wunderte sich zwar über die
etwas abgerissene Kundschaft und die seltsam sprechenden Krankenschwestern,
dachte aber, das sei halt so in der Schweiz. Die Härdöpfelknöpfli
dämpften aber seinen Argwohn, sie waren wirklich sehr, sehr
lecker. Von insgesamt 18 Euro Prämie kaufte er an einer Imbissbude
vier Mistkratzerli (Hühnchen), drei für sich, eines für seinen
Trainer Rudy Pevange. Beide waren satt und glücklich, die Tour
konnte kommen.
Dummerweise wanderte das Blut
nicht in den Kreislauf armer Unfallopfer, sondern in die ganze
Welt. In kalifornischen In-Restaurants werden neuerdings aus
illegalen Spenderblut ökologische Erfrischungsgetränke gemixt,
in Korea Riesenkarnickel genetisch verändert, und in der Schweiz
dient das Blut als Basis eines Konservierungsmittels für maschinell
hergestellte Härdöpfelknöpfli. Ulles Spenden Spenden wurden
aber nach Madrid verhökert, wo der Gynäkologe Fuentes jeden
Mittwochabend (von März bis Oktober) im Hinterzimmer eines Fernfahrerhotels
Erweckungsmessen zelebriert und als Höhepunkt prominenten Menschen
auf der Suche nach dem Sinn gegen Zahlung astronomischer Summen
Bluttransfusionen legt. Unseren Recherchen nach war der Beutel
"Nummer Eins" für König Juan Carlos bestimmt, bei
"Rudis Sohn" soll es sich um Kevin, Bryan oder Marco
Völler handeln, einen der drei Söhne des grossen Völler. Mit
"JAN" ist ein Madrider Kinderbuchhändler gemeint,
der es mit dem Verkauf mundübersetzter Werke des Künstlers JANosch
zu einiger Prominenz gebracht hat und darüber etwas blutarm
geworden war.
Das alles hätte nie ein Mensch
erfahren, wäre nicht eines Tages der international bekannte
Radmanager Manolo Saiz mit 60 000 Euro bei Fuentes
aufgetaucht und dabei von der Polizei geschnappt worden. Saiz
wollte aber nur ein wenig frisches Blut kaufen, um es mitternachts
bei Vollmond an einem Kreuzweg in den Pyrenäen mit etwas Krötenschleim
und einigen Haaren andalusischer Jungfrauen zu vergraben. Dies
sollte seinen Profis Glück für die Tour de France bringen. Aber
da ihm niemand glaubte, dass das Rezept mit andalusischen Jungfrauen
funktionieren kann (die reine Lehre geht von mindestens vier
katalanischen Jungfern aus), kam eine Lawine ins Rollen, die
am Ende den armen, unschuldigen Jan Ullrich unter sich begrub.
Und
das alles wegen 18 Franken und ein paar Pfund Härdöpfelknöpfli.
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