Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (01. April 2007)
  

  Auf vielfachen Wunsch unserer Leser kommen wir hier nochmal auf Knut, den kleinen Eisbären (siehe Bild), zu sprechen. Seine Anmut und rührende Tollpatschigkeit lassen Menschen von weit her zu ihm pilgern, um ihn beim Spiel oder der Nahrungsaufnahme zu beobachten. Kranke Kinder, so war zu lesen, liessen isch zum Zweck der Heilung seine Pfoten auf den Kopf legen und gesundeten augenblicklich. Die Welt, so kann man sagen, ist durch Knut eine bessere geworden.

  Auch im idyllischen Franken wuchs vor Jahren ein bezauberndes Kind auf, das mit rührender Tollpatschigkeit Entzücken auslöste und später zu einer Frau heranreifte, deren Anmut im ganzen Land bewundert wurde. Viele Besucher kamen von weit her, um im Landratsamt Fürth die schöne Gabriele Pauli bei der Nahrungsaufnahme oder bei der Arbeit zu beobachten. Manchen legte sie in einer stillen Minute die Hand auf den Kopf, sprach ein paar Segensworte und die Besucher konnten plötzlich wieder gehen, sehen oder wie früher sechs Weissbier hintereinander trinken.


  
  Hier könnten zwei Geschichten enden, deren Parallelität Staunen macht und die dem Leser in diesen unruhigen Zeiten Halt, Trost und Erbauung verschaffen. Die vornehmste Pflicht einer unseren Journalisten ist es jedoch, der Wahrheit ans Licht zu verhelfen, und deshalb muss die Geschichte weiter geschrieben werden. Die schöne Landrätin entpuppte sich plötzlich als dunkle Domina mit einem Hang zu Latexhandschuhen und roten Perücken, liess sich von Hochglanzmagazinen fotografieren und galt damit gewohnheitsrechtlich als Hexe.

  Jetzt stellen sich viele Menschen die bange Frage: Was wird aus Knut? Schon gräbt sich in die weichen Züge des kleinen Eisbären ein zynischer Zug ein. Schmeichler und Hofschranzen drängen sich in seinem Gehege, vertreiben die Blinden und die Lahmen, die Linderung suchend zu ihm pilgern. In wenigen Jahren wird sein kuscheliges Fell einer porösen Krause weichen. Seine kindliche Unschuld wird einder pauli-haft-berechnenden Launenhaftigkeit weichen. Jener bereits wahrnehmbare Zug ins Divenhafte und Kapriziöse wird zunehmen und dann werden die ersten Hochglanzmagazine an der Tür des Bärenkäfigs klopfen ...

  Doch wir wollen unsere Leser nicht mit so einer traurigen Aussicht in das Osterwochenende entlassen. Mag sein, dass Knut bald ein parvenühafter Sklave des Zeitgeistes sein wird, die Natur aber ist ein Kommen und Gehen. Unsere Redaktion beobachtet bereits mehrere Kuscheltiere - Seehunde, Pandabären, allein erziehende Mütter -, die in wenigen Jahren zu Knuts oder Paulis heranreifen können. Dann werden wir erneut die rührende Geschichte jenes anmutigen Kindes schreiben, dessen Tollpatschigkeit Entzücken auslöste, und ... den Rest kennen Sie bereits.
 

 

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