Berlin: Ein alter Mann durchquert die Tiefkühlabteilung bei Edeka
Reichelt. Seine Augen flackern. Nähert man sich ihm, schlägt er mit einer
Plastiktüte um sich. Es ist Fritz Teufel, früher Politclown der Kommune
eins, jener Urzelle der Anarchie Ende der 60er Jahre. Die wilde Romantik
wird jetzt in einem Kinofilm wachgerufen, der sich auf die Autobiografie
von Uschi Obermaier (siehe Bild) stützt. Uschi habe es der Literatur
besorgt wie kein Autor zuvor, schrieben Kritiker. Andere bemängeln, das
Covergirl habe den Mund zu voll genommen und die Studentenrevolte nur von
unten beschrieben.
 Heute macht Frau Obermaier ihre Besorgungen in Kalifornien. Fritz Teufel
dagegen strich jahrelang erfolglos um die Berliner Justizgebäude. Sein
Traum, noch einmal angeklagt zu werden, erfüllte sich nicht. Dazu kamen
Geldschwierigkeiten, die ihn zwangen, seine Bibliothek über die
Orgasmusschwierigkeiten in der Spätphase des Imperialismus ans Antiquariat
zu verkaufen.
Mit-Kommunarde Rainer Langhans hat sich inzwischen nahezu aufgelöst. Wer
zu ihm in seine Münchener Sozialwohnung vordringt, sieht wenig mehr als
einen durchsichtigen Lockenkopf, der sich von homöopathischen Kügelchen
ernährt, die ihm einige Frauen des anliegenden Diakonissenhauses bringen.
Einwände der Historiker, Langhans habe es nie gegeben, müssen an dieser
Stelle zurückgewiesen werden. Unserer Redaktion liegt seine Nickelbrille
vor, durch deren Gläser immer noch die Silhouette der nackten Uschi
Obermaier schillert.
Dieter Kunzelmann dagegen zeigte sich im Gespräch als weltoffener und
interessierter Zeitgenosse. Wir trafen ihn in einem Café in Kreuzberg, wo
man dem alten Mann seine Marotten nachsieht. Er rührt seinen Kaffee mit
der Zigarette um und trägt unter dem Ledermantel nichts als in paar
karierte Unterhosen. In seiner Damenhandtasche liegen noch immer einige
selbstgebastelte Bomben aus dem Jahr 1969. "Könnte ich jederzeit zünden",
murmelt er und erkundigt sich nach den Chancen auf die Umwandlung
Deutschlands in eine Räterepublik. Auf Uschi angesprochen, wird er
einsilbrig: "...konnte damals nicht ... musste immer an den Vietnamkrieg
denken ... bourgoise Verklemmungen."
Heute ist die Atmosphäre der Kommune eins leicht nachzubilden: Zu Hause
sollte man alle Klotüren aushängen, um jede Form anal-spätkapitalistischer
Geheimniskrämerei unmöglich zu machen. Eine frische Uschi Obermaier
bekommen Sie bei jedem Privatsender, Clownkostüme im Fachhandel. Beim
Übergang zum bewaffneten Kampf hilft das Handbuch der Stadtguerilla aus
der Bücherei. |