Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (25. Juni 2006)
  

  Der Mann im Raum ist ja ein beliebter Topos der Fussballanalyse. Es bleibt aber festzuhalten, dass es für Männer immer weniger Räume gibt. In den Stadien dekuvrieren sie sich als albern kostümierte Spassvögel. Alkoholexzesse werden ihnen verwehrt, die einst rituelle Gewaltausübung erschöpft sich im Zerquetschen von Plastikbechern. Am Arbeitsplatz dagegen müssen Männer, die ihre Konkurrenten am liebsten zerquetschen würden, ihre "weichen" Fähigkeiten trainieren und sich beim Bedienen des Kaffeeautomaten von Frauen helfen lassen.

  Dabei ist die Kulturgeschichte eine Abfolge von Männlichkeitsritualen. Ritterschlag, Handkuss und Materialschlacht liessen den Mann sich seiner selbst gewiss sein und führten bei der Frau zur sofortigen Gebärbreitschaft. Heute hat sich an Männlichkeitsritualen nur das Gänsereiten im Raum Wattenscheid gehalten, bei dem angetrunkene Männer auf Pferden versuchen, einer mit Schmierseife eingeriebenen toten Gans den Kopf abzureissen.

  Allerdings erreichten uns jetzt Meldungen aus einer Fallschirmjäger-Bundeswehrkaserne in Zweibrücken (siehe Bild), die eine Revitalisierung alter Männlichkeitsrituale andeuten. Unteroffiziere mussten sich dort Trockenobst in den (Entschuldigung) After schieben lassen. Anschliessend schlug ein Offizier mit dem Paddel auf den nackten Hintern. Das steht in der höfischen Tradition des Ritterschlags, bei der ein künftiger Ritter einen echten Schlag ins Gesicht bekam, damit ihm die Zeremonie besser im Gedächtnis blieb (ähnlich der Sitte, Zeugen bei einem Vertragsabschluss zu ohrfeigen). Dennoch bleiben Fragen: Was macht ein Paddel bei den Fallschirmjägern? Und seit wann ernährt sich die Truppe von Trockenobst?



  Wie auch immer: Die Einheit wurde vom geplanten Kongo-Einsatz ausgeschlossen. Nun sollte man Soldaten, die nur mit einem Paddel bewaffnet sind, auch vor der Hölle Zentralafrikas bewahren. Denn dort werden sie von den Eingeborenen sicher nicht mit dem höfischen Handkuss empfangen. Andererseits wartet der Kongo mit reicher Vegetation auf, was den Einsatz von Trockenobst überflüssig macht. Und wäre es nicht ein schönes Bild, wenn sich die Rekruten mit dem Schlachtruf "Tod, wo ist dein Paddel" in die Schlacht stürzten? All jene, die voraussagten, bei dem Kongo-Einsatz würden hinten nichts herauskommen, wären damit eines Besseren belehrt.
 

 

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