Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (09. April 2006)
  

  Ältere denken beim Begriff "Herunterladen" ja noch an kräftige Männer mit Unterhemden, die einen Betonmischer von der Ladefläche eines Lastwagens wuchten. Solche Arbeiten gibt es heute nicht mehr. Gäbe es sie, könnten die Arbeiter das mit dem Herunterladen von Maschinen oder Zementsäcken mühsam verdiente Geld mit dem Herunterladen von Handy-Klingeltönen gleich wieder verpulvern. Klingeltöne sind der kulturelle Rohstoff der Globalisierung und das einzige Produkt, bei dem Europa noch konkurrenzfähig ist.

  Dennoch wurde in dieser Woche eine geplante Annonce der Zeitschrift "Bravo Girl" untersagt, weil die Käufer über den Preis der Klingeltöne im Unklaren gelassen wurden. Dabei sind die digitalen Pipser billiger als ein Griesspudding bei Aldi. Bis sie aber im Handy heimisch geworden sind, vergehen Minuten, die teuer bezahlt werden müssen. Die Länge ist abhängig von der Musik. Das Geräusch einer Klospülung oder fünf Songs von Tokyo Hotel werden in Sekunden aus dem INternet geschaufelt. Die "Johannespassion" von Bach braucht ungefähr einen Monat, auch wenn sie schnell gespielt wird.



  Das wird von Klingelton-Haien skrupellos missbraucht. Berliner Hauptschüler wurden dazu animiert, sich das Shakspeare-Drama "Macbeth" als Klingelton auf das Handy zu saugen. Dafür hatten sie tagelang den Unterricht geschwänzt. Die bleierne Ruhe auf den Schulhöfen, wo hunderte Schüler mit Kapuzenshirts in ihre Telefone stierten (siehe Bild), hat die Lehrer alarmiert. Jetzt ist die Kompaktversion des Dramas im Umlauf, die aus nur wenigen Tönen besteht und mit Hinrichtungsbildern untermalt ist.

  Wir haben uns dem allgemeinen Trend zum Klingelton angeschlossen. Wenn SIe, lieber Leser, die letzten vier Ausgaben als Klingelton runterladen wollen, kostet das nur neun Euro pro Minute. Damit es schneller geht, haben wir bis zu 20 kräftige Männer in Unterhemden bereitgestellt, die mit Schaufeln die Texte und Bilder ins Netz drücken. So bleiben auch im digitalen Zeitalter Arbeitsplätze erhalten, bei denen man noch kräftig hinlangen muss.

 

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