Talentierter
politischer Nachwuchs ist dünn gesäht. Manches so genannte
Nachwuchstalent ist bei genauerer Betrachtung ein politischer
Hungerkünstler. Gierig nach Diäten, kümmert er sich nur
ums äussere (Einheits-) Profil und lässt das innere verkümmern.
Die jüngeren Modelle aus den Parteiagenturen beherrschen im
ersten Anlauf durchaus den zügigen Schritt über den politischen
Catwalk. Ihre Posen werden umso freizügiger, je mehr Kameras
sie geil anblitzen. Aber ehrlich, mehr als zum Auftritt im Kreistag
reicht's bei den wenigsten.
Politik ist
kein Beruf, allenfalls eine Berufung. Den Job haben sie
nicht erlernt, sie haben sich an ihn gewöhnt. Folglich können
sich die wenigsten so genannten Nachwuchstalente unterm Rampenlicht
rechtzeitig bremsen. Sie purzeln über einen einzigen unbeholfenen
Satz und danach gleich von der Bühne - geradewegs in den Vorstandsbereich
einer Volksbank im Hinteren Heckengäu. In den Parteizentralen
wartet fröhlich summend und brummend die nächste Generation
Politbienen für die nächste Saison.
Der einzige
echte Shootingstar der Berliner Reichtagsszene ist Angie. Sie
hat sich bekümmert über die prekäre Ausbildungssituation in
der Branche geäussert. Privatsender haben das dankbar aufgegriffen
und nach der TV-Show mit Model-Ausbilderin Heidi Klum bei der
Kanzlerin angefragt: "Germany's Top-Politmodel by Angela
Merkel". Wär das was?

Merkel
hat trotz vollen Terminkalenders akzeptiert. 20 der insgesamt
22 Bewerber wurden ausgewählt und nach Berlin eingeladen. Ihre
erste Aufgabe war, Seniorengruppen aus Sachsen-Anhalt durch
den Bundestag zu führen, sich zwei Stunden erzählen zu lassen,
warum früher alles besser war, ohne das freundliche Gesicht
zu verlieren. Anschliessend mussten die Kandidaten alle Reden
Merkels aus den ersten Jahren als Ministerin unter Kohl lesen.
15 schieden danach aus.
Die Übrigen nahm
die Bundeskanzelerin mit in die USA, wo sie im Weissen Haus
üben durften. Wie Heidi Klum mit ihren Models (siehe Bild) schien
es Merkel irgendwann zu übertreiben. Medien meckerten und schrien
Schikane. In grossen Anzeigen beteuerten die Kandidaten das
Gegenteil: "Wir lachen, lernen und laufen - und kommen
unserem grossen Ziel Tag für Tag einen Schritt näher."
Niemand müsse hungern. "Im Gegenteil: Die Büffets sind
superlecker." Mit ihrer Ausbilderin hätten sie eine "geile
Zeit". Gerhard Schröder will sich nächstes Mal bewerben. |