Frankfurter
Buchmesse! Unsere Literaturredaktion war wie immer vor Ort
und stellt einen Trend zur Interpunktion fest. Beeindruckend
auch die neue Generation schlagkräftiger koreanischer Lektoren,
die bis zu drei Romane pro Stunde kurz und klein redigieren
können.
Wie vorheriges Jahr erlitten wir
Verluste. Ein Kollege wurde von einem herabfallenden Schuber
aus Ziegenleder erschlagen, zwei weitere für Schriftsteller
gehalten und von der Kritik zerfleischt. Aber es hat sich gelohnt.
Der Trend zum Grossroman, bei dem der Leser zügig den Faden
verliert, hält an.
So hat Harald Zsch.
endlich seinen Debütroman auf den Markt gebracht; "23
Annäherungen an den Rührkuchen meiner Mutter." Das paradigmatische
Schicksal von fünf Familien zieht den Leser in einen Mahlstrom
der Langweile. Nach opulenten Wortbildern, die sich subkutan
ins Empfinden einschleichen, sucht man vergebens. Dennoch wird
der Leser von der Sprachgewalt des Autors wie von einer Anakonda
gewürgt. Ein Stahlbad auf 465 Seiten.

Mit
diesem Umfang begnügt sich Bernd-Christian G. nicht. Er entfaltet
in den ersten 90 Kapiteln seines opulenten Bildungs- und Familienromans
eine düstere Vater - Kind - Geschichte, die auf weiteren
3000 Seiten manche unheilvolle Wendung erfährt. Wie der Autor
die Untiefen in der Seele eines georgischen Wanderarbeiter in
der Stalinära auslotet, knüpft an die Erzähltradition eines
Nabokov an. Das Buch kann in Tranchen von je 340 Seiten erworben
werden.
Drei Phasen des Ich-Verschwindens
beschreibt die novellistische Miniaturensammlung von Karin S.
Die Skizzen tragen den Titel "Das Glück ist weiss wie
Schnee". Lakonische Verdichtung und funkelnde Dialogbereitschaft
faszinieren. "Manchmal bin ich wütend, manchmal aber
auch nicht", lautet die die vieleicht bewegendste Aussage
des Werks. Kathartische Rythmen führt sie virtuos zu einem verknoteten
Handlungsstrang ohne Sinn und Zweck zusammen, und am Ende sind
alle tot.
Bei den aktuellen Neueditionen
von Lesezeichen dominieren übrigens Grüntöne. |