Sie
wundern sich über den Leerraum in dieser Spalte? Tja, wir
verschenken hier einfach mal fünf Zeilen. Den Luxus leisten
wir uns ab und an.
Haben
Sie es gespürt, lieber Leser? Den Atem der weiten Welt,
den Hauch von üppigem Nichtstun und lasterhafter Verschwendung,
der in diesen fünf leeren Zeilen steckt? Das ist Luxus! Ausschweifung
und Konsum, die das Notwendige übersteigen. Aber was ist notwendig?
Ist es Luxus, wenn wir diese Kolumne nicht auf einer voll gekrümelten
Computertastatur schreiben, sondern sie mit einem Füllfederhalter
verfassen, den ein vergoldetes Stachelschwein ziert? Oder sie
einer üppigen und ausschweifenden Sekretärin aus der Badewanne
heraus diktieren? Edle Inhalte können nur in einem bestimmten
Ambiente (wir lieben dieses hochglanzpolierte Wort) gedeihen.
Sie blühen dort, wo Ordinäres und Alltägliches keinen Platz
hat.
Denn, wer eine geistvolle und meinungsbildende
Zeitung produziert, muss sich von der Masse entfernen.
Das kostet viel Geld, für das wir Ihnen, lieber Leser und Anzeigenkunde,
an dieser Stelle herzlich danken.
Zur Belohnung
gestatten wir Ihnen einen Blick in die normalerweise unerreichbare
Sphäre der Redaktion: Gegen 10:30 Uhr nehmen wir ein Vollbad
und legen unsere Hausmäntel an. Erste Artikel werden diktiert,
danach die italienischen Entwürfe für die neuen Arbeitsschuhe
diskutiert. Die Blattkonferenz findet meistens im Spiegelsaal
(Siehe Bild) statt. Das hat Tradition. Seit Jahren schon werden
wir zur luxeriösesten Redaktion gewählt. Unser Service gilt
als unaufdringlich aber effizient, wir setzen auf klassische
Materialien.

Ein
lächerliches Klischee ist es übrigens zu behaupten, wir fräßen
ständig Kavier. Die meisten Kollegen mögen das Zeug nicht
und benutzen es höchstens zur Pflege ihrer Ledersessel. Luxus
besteht vielmehr darin, einfach zu schreiben, was man will.
Aber nicht einfach, sondern kompliziert. Es mag Designer oder
Architekten geben, die Luxus als Klarheit der Linie definieren.
Unfug. Luxus ist Verschwendung, barocke Fülle. Mut zur Unverständlichkeit,
zur Blähung. Das unterscheidet Journalisten von Fischeiern.
Kavier gilt als gesund und leicht, während Zeitungen von vielen
sicherheitshalber auf der Toilette gelesen werden. |