Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (26. Juni 2005)
  

  Sie wundern sich über den Leerraum in dieser Spalte? Tja, wir verschenken hier einfach mal fünf Zeilen. Den Luxus leisten wir uns ab und an.





  Haben Sie es gespürt, lieber Leser? Den Atem der weiten Welt, den Hauch von üppigem Nichtstun und lasterhafter Verschwendung, der in diesen fünf leeren Zeilen steckt? Das ist Luxus! Ausschweifung und Konsum, die das Notwendige übersteigen. Aber was ist notwendig? Ist es Luxus, wenn wir diese Kolumne nicht auf einer voll gekrümelten Computertastatur schreiben, sondern sie mit einem Füllfederhalter verfassen, den ein vergoldetes Stachelschwein ziert? Oder sie einer üppigen und ausschweifenden Sekretärin aus der Badewanne heraus diktieren? Edle Inhalte können nur in einem bestimmten Ambiente (wir lieben dieses hochglanzpolierte Wort) gedeihen. Sie blühen dort, wo Ordinäres und Alltägliches keinen Platz hat.

  Denn, wer eine geistvolle und meinungsbildende Zeitung produziert, muss sich von der Masse entfernen. Das kostet viel Geld, für das wir Ihnen, lieber Leser und Anzeigenkunde, an dieser Stelle herzlich danken.

  Zur Belohnung gestatten wir Ihnen einen Blick in die normalerweise unerreichbare Sphäre der Redaktion: Gegen 10:30 Uhr nehmen wir ein Vollbad und legen unsere Hausmäntel an. Erste Artikel werden diktiert, danach die italienischen Entwürfe für die neuen Arbeitsschuhe diskutiert. Die Blattkonferenz findet meistens im Spiegelsaal (Siehe Bild) statt. Das hat Tradition. Seit Jahren schon werden wir zur luxeriösesten Redaktion gewählt. Unser Service gilt als unaufdringlich aber effizient, wir setzen auf klassische Materialien.



  Ein lächerliches Klischee ist es übrigens zu behaupten, wir fräßen ständig Kavier. Die meisten Kollegen mögen das Zeug nicht und benutzen es höchstens zur Pflege ihrer Ledersessel. Luxus besteht vielmehr darin, einfach zu schreiben, was man will. Aber nicht einfach, sondern kompliziert. Es mag Designer oder Architekten geben, die Luxus als Klarheit der Linie definieren. Unfug. Luxus ist Verschwendung, barocke Fülle. Mut zur Unverständlichkeit, zur Blähung. Das unterscheidet Journalisten von Fischeiern. Kavier gilt als gesund und leicht, während Zeitungen von vielen sicherheitshalber auf der Toilette gelesen werden.

 

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