Manchmal
möchte man als guter Journalist einfach nur wegsehen. Doch
die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information. Denn hinter
der schrecklichen Meldung steckt oft eine menschliche Geschichte.
Eine Schlagzeile von Anfang der Woche liess unsere Wissenschaftsredaktion
aufhorchen: "Liebestoller Esel auf Mallorca wollte deutsche
Urlauberin vergewaltigen", hiess es in "Bild".
Schockierend, sicherlich. Aber was steckt hinter der Geschichte?
Wir
entsandten ein 34köpfiges Team nach Mallorca und recherchierten
dem Skandal nach. Der inhaftierte Esel (Biid typähnlich)
spürten wir in einem Untersuchungsgefängnis auf. Chupito, wie
er von Freunden genannt wird, wirkte bedrückt, schwieg aber
hartnäckig. Chupitos Karriere steht für viele: Aufgewachsen
in einem Slum der Hauptstadt, schlug er sich mit Gelegenheitsarbeiten
durch. Ein befreundeter Fotograf besorgte ihm einige Modeljobs
für H & M. Doch der Traum vom Laufsteg zerplatzte, als sich
eine Allergie gegen Abdeckcreme einstellte.

Chupitos
Zeit war die Nacht. Mit weit offenem Hemd lungerte er in
den Bars der Touristenhotels herum, trank, um sich in Stimmung
zu bringen, und stierte glasig in die Dekolletés deutscher und
dänischer Touristinnen. Frauen! Sie standen für alles, was der
Esel auf der Insel entbehren musste: Erotik, Geld, Weltoffenheit.
Es
kam wie so oft in den Urlaubsregionen: Deutsche Frauen,
enthemmt und lebenslustig, stossen auf Nutztiere, die in einem
ehernen Moralsystem aufgewachsen sind, Alkohol nich vertragen
und den erotischen Lockungen schnell erliegen. Einige von Chupitos
Partnerinnen spürten wir in Deutschland auf. "Ja gut, er
war zärtlich und ausdauernd, aber ausser Fressen und Fussball
interessierte Ihn nichts", meinte Melanie S. aus Klewe.
"Ich fand ihn ganz süss", so Gudrun H. aus Erlangen.
"Aber dass er so was macht, der hat das doch eigentlich
nicht nötig", ergänzt ihre Freundin Chrissi.
Nachdem
Chupitos Übergriffe Schlagzeilen machten, reagiert auch die
deutsche Politik. Eine Soko "Grau" hat Ermittlungen
aufgenommen, ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss wird
sich mit dem Skandal befassen. "Sind unsere Frauen vor
den Übergriffen einheimischer Paarhufer geschützt", fragt
die Grünen-Abgeordnete Gunhild Merkle-Schweigholder. "Wenn
deutsche Touristinnen etwas sittlilcher auftreten würden, gäbe
es weniger Probleme", entgegnete ihr CSU-Kollege Ferdinand
Hundhammer, schliesst aber die Wiedereinführung der Todesstrafe
nicht aus. Auf europäischer Ebene befasst sich ein Expertenstab
mit der Freizügigkeit von Säugetieren. Das schürt Ängste vor
einer Erweiterung. Strömen bald kroatische, albanische oder
türkische Esel über die Grenzen?
Doch Vorsicht,
"Wir wissen noch zu wenig", so die Grautierpsychologin
Luise F. Das Zusammenleben zwischen Menschen und Esel verlaufe
normalerweise unproblematisch. Arbeitslosigkeit, Klimaerwärmung,
Hartz IV, Globalisierung, Klimaerwärmung und Irakkrieg hätten
aber vieles verschlimmert. Ganz zu schweigen von Alkoholgenuss
aus Plastikeimern. Wir alle wüssten gerne mehr. Doch Chupito
schweigt. |