Denkmäler
haben in Deutschland eine grosse Tradition. Schiller, Wilhelm
und Bismarck beherrschen noch heute den öffentlichen Raum und
blicken hochmütig auf das kleinkarierte Gewusel der Epigonen
herunter. Diese wiederum zeigen sich meist unbeeindruckt von
der historischen Verdichtung dieser Orte und können noch nicht
einmal die lateinischen Jahreszahlen deuten.
So
einfach wird es ihnen in Berlin jetzt nicht mehr gemacht. Wer
das neue Holocaust-Mahnmal erkunden will, sollte mindestens
eine Banane und Mineralwasser als Proviant, Kompass und 120
Meter Bindfaden einpacken. Den Bindfaden verknotet man an einem
Auto mit albanischem Kennzeichen oder an einem der vielen ratlos
herumstehenden japanischen Touristen. Der Faden hilft, aus dem
Stelen-Labyrinth wieder herauszufinden.
In
Berlin waren es zunächst Schulklassen, die auf den Stelen
herumturnten oder Handy-Klingeltöne austauschten. Im Sommer
ist damit zu rechnen, dass viele türkische Familien im Schatten
der Betontürme ihre Grills aufstellen. Beim Nachhausegehen stossen
sie auf versprengte Kulturjournalisten und Architekten, die
etwas von von der Unwägbarkeit historischer Verdichtung
und den abschüssigen Monologen der Gegenwartsempfindung
in ihre Notizbücher kritzeln und beim Nach-oben-starren ihre
Designerbrillen verlieren. Wer nicht aufpasst, stolpert über
einen der vielen Bindfäden.
Der Mensch
stört also eher, soll aber nicht vom Besuch des Mahnmals
abgehalten werden. Bei vielen Neonazis, deren schwach ausgeprägter
historischer Orientierungssinn bekannt ist, muss man indes befürchhten,
dass sie nicht mehr aus dem Areal herausfinden. Sie müssten
unter hohem Aufwand gesucht werden.

Darum
schlagen wir ein dem Mahnmal angegliedertes Nebendenkmal
vor, dass aus nur zwei in weitem Abstand plazierten Betonklötzen
besteht (siehe Grundriss oben). Ein genauer Wegweiser in einfachem
Deutsch weist die braunen Besucher ein. Beschmierungen sind
ausdrücklich erlaubt und werden bei Bedarf vom Personal auf
Schreibfehler hin korrigiert.
Damit aber
genug. Drei Folgen Speer, Krieg und Vertreibung haben wir
in Büchern und Filmen erduldet. Jetzt darf der Schlussstrich
gezogen werden. Schlussstriche erhalten Sie im gut sortierten
Fachhandeln. Dort, wo es auch Bindfäden gibt. |