Deutschland
nach der Papstwahl: Normale Männer breiten die Arme aus,
murmeln Sprüche, die sie noch aus dem Lateinunterricht kennen.
Viele haben dunkle Augenringe aufgelegt. Hirtenstäbe sind ausverkauft.
Jugendliche in Trainingsanzügen beklagen den Verlust der Werte,
Hausfrauen wollen durch mehr Gemüsekost dem Relativismus trotzen,
allein erziehende Mütter tragen Kopftücher und beichten ihren
törichten Hang zur Selbstverwirklichung. Gebetsbücher sind Bestseller.
Ein
kleiner Ort namens Marktl am Inn, von dem nicht einmal die
Bewohner wussten, entfaltet eine Strahlkraft einer polierten
Monstranz. In Marktl verbrachte der Papst die ersten beiden
Lebensjahre. Hat er sich dort bereits zu einem der führenden
Dogmatiker der Grenzregion zu Österreich entwickelt? Reiften
hier seine Gedanken zur Rolle der Frau? Sprach er mit einheimischen
Singvögeln und wirkte das eine oder andere Wunder? Das alles
wird zur Stunde geprüft.
Unterdessen summt
der Vatikan wie ein Bienenkorb: KleinereKreuzzüge wollen
vorbereitet sein, am Papamobil ist die grosse Inspektion fällig,
Umzugskartons werden aus dem Keller geholt. Rätselhaft bleiben
Äusserungen, nach der Wahl habe eine Bombenstimmung geherrscht.
Wurde auf eine Eisbombe als Nachtisch Bezug genommen? Nein,
denn es gab nur ein leichtes Lateranbasilikum mit Klecksen
von Tiara, einer Sosse aus Thymian und Orangenmus. Dazu
ein vollmundiger Chateaux Petrus, Als Hauptgericht wurden
dreierlei Gegenpäpste im eigenen Sud gereicht. Zum Nachtisch
die leckeren Papisti, sehr süsse Diakone aus Schokolade.
Keine
Eisbombe also. Indes wirkte das Dorf Marktl am Inn nach
dem Besuch der Medien wie ausgebombt. In den Gesichtern der
Bewohner allerdings stand noch immer ein seltsames Leuchten
(siehe Bild).

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