Pssst
... Mir geht es gut! Wirklich! Alles im frühlingsgrünen Bereich:
Ich habe gleich am Morgen verdammt gute Laune, immer ein launiges
Lachen auf den Lippen, ja, so kennt man mich, ich atme begierig
aprilfrische Luft, aaah, Mann, tut das gut, spüre meine Triebe,
ein munteres Tollhaus, und mildes Sonnenlicht lockt Vitamine
sortenreich ins Blut. Da fühlt sich jede Zelle frisch. Wunderbar
so weit.
Ich habe das jetzt mal so
gesagt. Ganz unter uns. Denn schick ..., schick ist momentan
was anderes. Denken sie jetzt, was will dieser Gute-Laune-Depp?
Gut, man kann Ihre Position verstehen. Es ist ja keine Minderheitenposition.
Lachen ist peinlich. Depressionen zu haben, völlig in Ordnung.
"Kranke
Psyche ist ein Volksleiden", hat die Angestelltenkrankenkasse
(DAK) nach einer internen Befragung festgestellt. Jede vierte
Krankmeldung wird aus einer tieftraurigen Stimmung heraus eingereicht.
Die Sicherheitsbeauftragten in den Firmen sind alarmiert, blättern
hilflos in den Arbeitsschutzbestimmungen und kippen resigniert
einen kurzen Burnout-Absacker. Dank ihrer Gewissenhaftigkeit
kann der Büromensch nicht mehr vom Stuhl fallen, wohl aber in
Depression.
Wer im Job ungemobbt bleibt,
hat erst recht Grund, sich in die Depri-Ecke zu trollen. Er
muss einfach einsehen, dass er nicht mal als Gegenstand für
Gemeinheiten seiner Kollegen taugt. Sinken Sie gelassen ins
Schlechte-Laune-Loch, wenn Sie nicht eh schon drinstecken.
Warum geht es den Deutschen so schlecht? Weil sie Geiz geil
finden? Quatsch. Zu faul zum Spargelstechen sind? Blödsinn.
Überall halb leere Gläser rumstehen sehen? Ganz sicher nicht.
Es
ist die tiefe Traurigkeit, die in den Menschen steckt. Und zwar
darüber, dass es anderen grundsätzlich besser geht. Die Deutschen
entwickeln sich zu einem Volk von Borderlinern, psychischen
Grenzgängern, immer am Rande des Wahnsinns. Das ist durchaus
therapiewürdig und bringt auch Politiker zum Verzweifeln (siehe
Bild). Was ist normal, wer verhaltensauffällig?

Je
mehr Psychos beieinander sind, umso scheinbar erklärlicher die
missliche Lage: DIe Berliner seien mit ihren Depressionen
bundesweit an der Spitze, behauptet die DAK. Eigentlich
nachvollziehbar. Die Techniker Krankenkasse sieht dagegen die
Schwaben vorn, zumindestens die arbeitslosen. Hallo! Mir geht's
guuut. Aber irgendwie ist das depremierend. |