Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (27. März 2005)
  

  Das Fernsehen beweist, dass wir in einer Zeit der Entchristianisierung leben. Die breiten schwarzen Balken auf dem Bildschrim nämlich, die früher auf hohe christliche Feiertage hinwiesen, sind verschwunden. Die Balken gehörten zu jener Gattung des christlichen Sandalenfilms, in denen halb nackte Männer gegen heidnische Tyrannen und für die Herzen schöner Sklavinnen kämpften. Nebenbei erfüllten sie trotz hoher Kollateralverluste ihre missionarischen Auftrag und starben, wenn es das Drehbuch vorsah, auch noch den Martyrertod (Näheres zum Verfall der Sandalenfilmtradition auf unseren Fernsehseiten).

  Mit dem Verschwinden der Sandale aus dem öffentlichen Raum fehlt es uns an einem Symbol. Mönche, als klassische Sandalenträger, sind entweder im Fernsehen oder schenken in ihren Klöstern Bier aus. Hirten werden von der EU durchgepäppelt und Schreiner von den Lohnnebenkosten aufgefressen. Am mönchischen Ideal halten allenfalls noch unsere treuen Sachverwalter des Geldes fest. So gab die Deutsche Bank bekannt, dass ihr Chef Josef Ackermann (Siehe Bild) im vergangenen Jahr ein Salär von nur zehn Millionen bezogen hat. Im Vorjahr waren es noch 1,1 Millionen. Das Gehalt wird in Geld, Aktien, Golddukaten, Juwelen, Gewürzen, Jungfrauen und Schweizer Wochenendhäusern ausgezahlt.



  Dieser Verzicht beweist: Es gibt zwar keine Sandalenfilme mehr, aber es gibt noch Hirten. Was tut's, ob Ackermann seine mundgestickten Massschuhe aus walisischem Kalbsleder im Sommer gegen Sandalen austauscht oder an Ostern einen Rosenkranz durch die Finger gleiten lässt.


  Das Beispiel zeigt auch, dass nur der Verzicht üben und Altruismus zeigen kann, der sein operatives Geschäft beherrscht. Wer nichts verdient, kann auch nichts abgeben. Zwar heisst es bei Matthäus: "Sammelt euch nicht Schätze auf der Erde. Sammelt euch aber Schätze im Himmel." Sieht man genau hin, ist das Büro Ackermanns, das sich ungefähr im 412. Stock des gläsernen Bankturms zu Frankfurt befinden müsste, dem Himmel ziemlich nahe. Dort oben verfliegt alle Erdenschwere,ein Mausklick bewirkt mehr als alle halb nackten Kraftmenschen in den Sandalenfilmen.

  Matthäus hätte diese Perspektive gefallen. Er schrieb einst: "Wo dein Herz ist, da wird auch dein Schatz sein." Das Herz Ackermanns wird Gerüchten zufolge direkt neben seinem Büro aufbewahrt. Man kann schliesslich nie wissen, ob es noch mal gebraucht wird.

 

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