Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (16. Januar 2005)
  

  Es ist Winter. Eine lapidare Feststellung, zugegeben. Doch in Zeiten globaler Erwärmung erkennt man den Winter nicht mehr an meterhohen Schneehaufen, in den Hunde gelbe Löcher gepinkelt haben. Winter heisst heute: Täglich heulende Sirenen, die vor einer Grippe-Epidemie warnen, täglich neue Erreger, die sich mutwillig kreuzen, um besser ins schutzlose Gewebe des menschlichen Organismus einzudringen. Wer jetzt einen Apotheker seinen Freund nennt, ist fein raus. Die anderen? Tja ... Doch sage niemand, er sei nicht gewarnt worden. Millionen Tote werde es wieder geben, prognostizieren Experten alljährlich. Jedes Tröpfchen, das an einer Nase baumelt, berge die tödliche Fracht. Jede Falte eines benutzten Taschentuchs würde zum Massengrab.

  Verängstigte Menschen schlucken bereits im August bis zu sechs Schmerztabletten täglich. Sie hoffen auf eine Depotwirkung, die sich spätestens im Januar entfaltet, wenn die Menschen aus Angst vor der Grippe die Luftschutzkeller aufsuchen. Ältere Leser werden sich an die Panik erinnern, die ausbrach, als die Türken vor Wien standen. Sie schwangen ihre Krummsäbel, schnitten Männern den Hals ab und verbrachten Frauen in weitläufige Harems. Auch Impfen half nichts. Die Türken sind inzwischen über Wien auch in Deutschland eingetroffen. Aber wo bleibt die entsetzliche Grippewelle? Unsere Wissenschaftsredaktion hat Astrologen und Krankenkassen befragt und stellt fest: Es könnte sein, dass die Grippe vor Wien steht und gar nicht mehr zu ubs kommt.

  Vielleicht war sie ja schon da, und wir haben es nicht gemerkt, weil wir mit Grippe im Bett lagen und nicht sahen, wie draussen der Schnitter die Sense schwang. Keine Panik! Wenn wir alle fest dran glauben, kommt die Epidemie nächstes Jahr. Und dann gute Nacht!

 

Zurück