Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (03. Oktober 2004)
  

  Es gibt ja viele Theorien über den Unterschied zwischen Mensch und Tier. Unsere Wissenschaftsredaktion hat sich mit dieser ins Philosophische reichenden Frage immer wieder befasst und festgestellt: Tiere sind im Gegensatz zum Menschen nie arbeitslos, haben dafür aber auch keinen Versandhandel. Dieses Theorem muss allerdings jetzt überprüft werden. Denn Karstadt-Quelle ist, wie wir seit der vergangenen Woche wissen, so gut wie pleite. Daran ändert auch der Plan der Politik nichts, Blauhelme in die bedrohten Filialen zu schicken.

  Schwerer als die Schliessung der staubig-dunklen Karstadt-Häuser wiegt der Umstand, dass womöglich auch das Versandhaus Quelle mit in den Abgrund gerissen wird. Das schmerzt. Für die Generation 30 plus ist ein Dasein ohne den Quelle-Katalog kaum vorstellbar. Bereits in der Pubertät hatte man sich an den vielen hundert abgebildeten Frauen nicht satt sehen können. Dass es überhaupt so viele Frauen auf der Welt gab! Und all die anderen Dinge: Schrankwände, Heizdecken und Heimorgeln! Und dieser sagenumwobene Massagestab für die Frauen! Aber das ist eine andere Geschichte ...

  Mit Quelle verpflogen damals endgültig die Gespenster der Vergangenheit. Die blauen Pakete drangen in Regionen der Welt vor, in denen kein deutscher Soldat zuvor war. Bereits 1956 eröffnete Quelle das erste Versandgebäude mit eigener Tankstelle in Nürnberg. Heute kommen aus Nürnberg nur noch die Arbeitslosenzahlen. Zehn Jahre später engagierte Quelle den Modeschöpfer Heinz Oestergaard (Bild). Gerne liess sich der schlohweisse Karajan der Kittelschürze fotografieren, wie er im Tessin oder auf dem Kurfürstendamm eine ganze Herbstkollektion mit ein paar Strichen aufs Papier warf.

  Modeschöpfer gibt es nicht mehr. Sie sind versunken wie die ganze Quelle-Welt. Heute werben die Beckhams und Schiffers für die Versender, aber das ist etwas anderes. Früher führte der Quelle-Katalog den Beweis, dass sich das Leben sortieren lässt. In Haushalt, Technik, Schmuck, Möbel sowie Herren- und Damenoberbekleidung. Darunter fielen auch Oestergaards bunte Kittelschürzen. In Zeiten der Globalisierung und des Terrors hat an Kittelschürzen niemand mehr Interesse. Obwohl, für die ganzen Experimente in der Wissenschaftsredaktion ... Vieleicht sollten wir uns hundert Stück sichern.

 

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