Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (25. Juli 2004)
  

  Deutschland schwitzt. Ein salziger Dunst weht durch Einkaufspassagen und Büros. Auch Gerichtssäle sind von jeher Orte, in denen die Schweissdrüsen Schwerstarbeit leisten - sei es dem Gefühl der Angst oder des Triumphs gehorchend. So auch in Düsseldorf. Unmittelbar vor dem Freispruch in Sachen Josef Ackermann und Co. bildete sich auf dem ansonsten makellosen Teint des Deutsche-Bank-Vorstandssprechers eine Schweissperle.

  Hätten sie gewusst, auf wessen Stirn sie da hinabmäanderte, sie wäre vor Schreck wohl zerplatzt. So aber streifte sie die blitzende Mundpartie des Bankers und riskierte einen Seitenblick zur Stirn von Klaus Esser, von dem man sagt, er habe nicht mal geschwitzt, als er einen Scheck über 30 Millionen Euro in Empfang nahm. Dann suchte die Schweissperle Zuflucht unter Ackermanns blütenweissem Hemd, das wie ein schützendes Zelt Verunglimpfungen und Neidparolen von der engadingebräunten Schweizer Haut des Bankers fern hielt. Nur als sie jene Körperregionen passierte, hinter denen man emotionale Zentren vermutet, die auch für das Schamgefühl zuständig sind, geriet sie in eine Senke. Danach verlor sich ihre Spur.

  Schweiss ist ja Ausdruck sinnlicher Lebenskraft einerseits und harter körperlicher Arbeit anderseits. Die einen schwitzen, weil die Lust sie überfällt, die anderen, weil sie eine Strasse asphaltieren oder eine Realschulklasse unterrichten müssen. Bei Männern wie Josef Ackermann oder Max Strauß, dem auch eine gesteigerte Transpiration nachgesagt wird, trifft beides nicht zu. Vielleicht leiden sie unter der sogenannten Hyperhidrose. Darunter verstehen wir eine übermässige Steigerung der Schweisssekretion über das für die Thermoregulation nötige Mass hinaus. Die ekkrine Schweissdrüse wird sympathisch innerviert, besitzt aber eine cholinerge Transmittersubstanz. Das war jetzt die Analyse unserer Wissenschaftsredaktion.

  Ob ekkrin oder sympathisch: Bei vielen Männern wirkt eine ausser Rand und Band geratene Schweissproduktion durchaus anziehend. Man erinnert sich an die Coca-Cola-Werbung, in der ein schweissnasser Handwerker durch schiere Virilität eine ganze Rotte von Vorstandssekretärinnen zum Augenverdrehen, Zungenrollen und Rockhochrutschen zwingt. Ob dieses Phänomen jetzt auch in der Vorstandsetage der Deutschen Bank beobachtet werden kann, ist unklar, weil die Fassade verspiegelt ist. Im Umfeld von Max Strauß kam dergleichen aber nicht vor.

 

Zurück