Wir
müssen an dieser Stelle einige Worte über das Grillen
verlieren. Der gestrige Samstag wurde nähmlich von der Centralen
Marketing Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft zum "deutschen
Angrilltag" erklärt. An-Grilltag, genau. Wie jedes
Jahr am zweiten Wochenende des Mai ertrinken Fleischstücke in
Marinade, glost feuchte Holzkohle lustlos vor sich hin, streifen
sich Männer schmuddelige Schürzen über. Aus den Gärten der Vororte
steigt schwarzer Qualm auf, das Zischen von Fetttropfen
übertönt die Fussballreporter aus den Radios. Geringverdiener
kaufen Fleisch und Dreibeingrill an der Tankstelle, das Bürgertum
bevorzugt Gaskartuschen, die bessere Gesellschaft lässt Krustentiere
grillen und trinkt Champagner unter Zelten.
Aber
warum das alles? Freiburger Studentinnen haben eine Seminararbeit
zum Thema "Grillen in der Moderne - Der Stellenwert
von Fleisch und die Konstruktion von Gender" geschrieben
und stellen unter anderem fest: Der Mann steht am Grill, auf
Tischmanieren wird kein grosser Wert gelegt, und bei der Nahrung
handelt es sich vorwiegend um Fleisch. Sie gähnen? Langsam,
jetzt kommt's: Tiere, so heisst es weiter, werden nur danach
beurteilt, ob sie für das Grillfest nutzen. Man spricht von
Objektifikation. DIese Objektfikitation findet
sich nach Meinung der Studentinnen auch im Umgang mit Frauen
wieder: Sie werden Tieren gleichgesetzt, ihnen wird ebenfalls
ein Objektstatus zugesprochen.
Gender?
Objektfikitationen? Rätselhaft. Im Alltag rühren Frauen
doch eher die Barbecuesossen an und stacheln die Männer gegeneinander
auf. "Du, warum klappt das beim Nachbarn mit der Glut viel
besser?" Allerdings gibt es in deutschen Städten immer
mehr Frauengrillgruppen, die sich der erotisch-feministischen
Konnotationen beim Grillen von Würstchen voll bewusst sind.
Unsere
Wissenschaftsredaktion kommt zu dem Schluss, dass Grillen ein
Akt bürgerlichen Ungehorsams ist. Schliesslich werden
wir ständig angehalten, Fett und öffentliche Zusammenrottungen
zu meiden. Beim rituellen Fleischauflegen tun wir das Gegenteil.
Das Grillen ist ein verzweifelter Aufschrei nach Freiheit zwischen
Doppelgaragen und Kohlrabibeeten. Ja zum Fett! Ja zur Kittelschürze!
Ja zum Genuss lauwarmen Roséweins! Ja zum fahrlässigen Umgang
mit Zündbeschleunigern! Doch ach, der Ausbruch ist kurz. Stunden
später werden wir uns wieder unserer armseligen Existenz bewusst
und blicken trübe in die verlöschende Glut. Aber dann fängt
ja Fernsehen an. |