Dinge, so oder so

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Die Dinge der Woche (30. März 2003)
 

  Es gab da mal einen jungen Mann in einer Bar in Texas, der am Leben verzweifelte. Pleite und erfolglos verbarg er die Tristesse seiner Existenz im Nebel harter Getränke. Doch die Sehnsucht des Jünglings nach Abenteuern und dem Kitzel der Gefahr blieb. Jeder normale Held seit Siegfried würde in so einem Moment seine Drinks bezahlen, zusammenpacken und in die Welt hinausziehen - auf der Suche nach schönen Frauen, dem Heiligen Gral, oder dem Stoff für ein Sachbuch, das sich hinterher gut verkauft. George W. Bush aber blieb zu Hause und wurde US-Präsident. Ein Fehler. Statt Gralsritter sitzen verkniffene Strategen um ihn herum, statt Liebesglut glüht nur das Barbecue-Feuer von Ehefrau Laura. Die Sehnsucht nach "ungesunden, von Fieber geschwängerten Gebieten", wie es Ernst Jünger einmal schrieb, quält ihn weiter. Da leistet der Irak gute Dienste.

  Vieleicht verbirgt Bushs kantiges Auftreten seine empfindsame Seele. Der Jesuit Alfred von Martin hat das bei der Charakterisierung Jüngers erkannt: "Auch dort, wo er den DRaufgänger spielt, steckt dahinter sehr viel Ratlosigkeit über den Sinn allen Lebens und Kämpfen." Bushs Sinnsuche im Irak bleibt derzeit im Schlamm und im gegnerischen Feuer stecken. Vielleicht rächt sich jetzt, dass er, statt selbst in die Welt zu ziehen, Panzerdivisionen losschickt. Seine Gralsritter haben ihm verschwiegen, dass lasergesteuerte Rakten nicht intelligent genug sind, um Zivilisten von Soldaten zu unterscheiden, und das Blut auf den Uvex-Schutzbrillen seiner Soldaten hässliche Flecken macht.

  Die Heimat aber hält zu ihm und spendet laut Agenturmeldung Socken und Zahnseide an die Soldaten. Die Iraker, die Zahnseide nur aus dem Satellitenfernsehen kennen, haben blöderweise Jüngers "Stahlgewitter" nie gelesen. Sonst würden sie die Sinnlosigkeit ihres Widerstands erkennen: "Wo die Maschine auftaucht, erscheint der Wettlauf des Menschen mit ihr aussichtslos." Und sie würden verstehen, warum da jemand Krieg gegen sie führt: "In solchen Momenten Führer sein, heisst der Gottähnlichkeit nahe sein", notierte Jünger im Schützengraben des Ersten Weltkriegs. Ob Bush nach nur elf Tagen Krieg schon so weit ist, weiss man nicht. Gerüchten zufolge versuchte er aber jeden Morgen um 6:30 Uhr den lieben Gott telefonisch zu erreichen.

 

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