Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (19. Januar 2003)
 

  Sind ihnen die verwirrten Menschen aufgefallen, die mit PLatzwunden in Einkaufszonen herumirren und zweistellige Zahlen vor sich brabbeln? Diese Menschen sind Opfer der in Deutschland tobenden Rabattschlacht. Der Begriff Rabatt stammt aus dem Lateinischen "battuere" - schlagen. Das heisst, wer ein Schnäppchen erspäht hat, muss Konkurrenten durch Schläge davon abbringen, ihm zuvorzukommen. Geprügelt wird, solange der Vorrat reicht.

  Früher war Einkaufen ein Erlebnis, heute ist es ein Fronterlebnis.
Preisbomben, Rabattraketen, Nachlass-Offensiven rollen auf die Verbraucher zu. Einst sichere Zufluchtsorte wie Jil-Sander-Boutiquen oder italienische Feinkosthändler zerren die Besucher in ihre Räume und stopfen ihnen entweder Seidenschals (minus 23 Prozent) in die Handtasche oder Blauschimmelkäse (minus 18 Prozent) in den Mund. So lange der Vorrat reicht.

  Extrem reduziert sind
Autos, DVD-Player und die Schuber mit dem Literaturkanon von Reich-Ranicki. Dieter Bohlens Hörbücher halten sich noch bei minus neun Prozent, wackeln aber. Wer im Supermarkt Bananen, Waschmittel und Dosenwurst nach Bauernart kauft, kann bisweilen einen Autostellplatz mit einjähriger Verweildauer rausschlagen. Wer im lokalen Autohaus einen "Preisknaller" erwirbt, bekommt den Kofferraum mit Streusalz gefüllt und darf mit der Auszubildenden nach Österreich Ski fahren. Dort erhält er beim Kauf des Skipasses einen "Wodka-Feige" extra, stellt sich auf die Ski (minus 30 Prozent) und kauft sich als Extra-Schnäppchen für einen Drittel des Normalpreises einen braun gebrannten Skilehrer. Der Vorrat reicht noch eine Weile. Wir warnen indes vor Preisnachlässen von über 120 Prozent. Das ist unseriös. Dieser Tipp ist, solange der Vorrat reicht, umsonst.

  Die Sockel jener Institutionen, die sich früher nie mit dem mysteriösen Phänomen namens "Angebot und Nachfrage" befassen mussten, werden bereits unterspült.
Ärzte und Bauern kaufen sich Taschenrechner mit Prozentkalkulation und stecken ihren Kunden heimlich Werbeflyer zu: Zwei Koteletts bei Buchung eines Familienurlaubs auf dem Bauernhof! Einmal Zahnersatz bei Buchung von drei Operationen an beliebigen Körperteilen!

 

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