Dinge, so oder so

 

Das Ding der Woche (23. Dezember 2002)
 

Die Blockflöte

  Weihnachten ist Zeit der Hausmusik. Dass dabei in Zeiten digitaler Tonerzeugung noch immer mit Löchern versehene Holzröhren zum Einsatz kommen, verdient zunächst unere Sympathie. Denne es schult die Feinmotorik der Jugendlichen und verhindert wenigstens für Minuten deren zwanghaftes Ausspucken.

  Umstritten ist allerdings die Hypothese, dass die Blockflöte ein ideales Instrument zum Erhalt des Familienfriedens sei. Zwar zertrümmern viele Eltern , die zuvor durch das Stahlbad der obertonreichen Hausmusik gingen, im Affekt bis zu fünf Blockflöten pro Weihnachtssaison. Dás kann befreiend wirken. Andere verschwinden über Stunden im Bastelkeller und verkleben die Flötenöffnungen mit schnell bindendem Holzleim. Dadurch gehen sie ihrer Familie nicht auf die Nerven, die in der Zwischenzeit den Baum dekoriert. Laborratten allerdings reagierten, als man sie über Stunden mit dem für Blockflöte arrangierten Satz "Tochter Zion freue dich" traktierte, mit Nervosität und Schweissausbrüchen. Später kam es zu vermehrten Fällen häuslicher Gewalt.

  Über die Geschichte der Blockflöte ist nichts bekannt. Spekuliert wird, dass es sich ursprünglich um ein reines Verteidigungsinstrument handelte, das beim Aufprall auf die Schädeldecke eines Tieres oder Menschen schmerzhafte und mitunder tödliche Verletzungen hervorrief. Auch heute beobachten wir Kinder, die sich die spitzen Mundstücke in Augen oder Magengrube rammen, weil sie sich um Geschenke streiten.

  Klar ist: Es handelt sich nicht um ein Musikinstrument. Das hat bereits der berühmte Musiktheoretiker Theodor W. Adorno erkannt, der auf die Frage "Was ist schlimmer als eine Blockflöte" antwortete: "Zwei Blockflöten".

 

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