Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (24. November 2002)
 

  Wie ernst die Lage wirklich in Deutschland? Wir wollten es genau wissen und haben ein wenig herumtelefoniert. Jörg K., Rechtsanwalt aus Augsburg: "Ich wollte meiner Tochter was schönes zum Geburtstag schenken. Aber mehr als ein Golf ohne Extras ist nicht mehr drin." Hilde S. aus Wuppertal: "Ich habe meinen Mallorca-Winterurlaub um drei Monate gekürzt. Die traurigen Augen des Hotelbesitzers werde ich mein Leben lang nicht vergessen." Gotthilf S., Professor für öffentliches Recht in Heidelberg:"Ohne die kleinen Geschenke meiner Studenten wäre ich schon längst am Ende." Entsetzlich.

  Apropos Professor: Die katastrophale Lage hat jetzt auch
den bekannten Historiker Arnulf Baring auf den Plan gerufen. Der 70jährige hat seine akademische Jugend und seine besten Mannesjahre nicht mit dem Studium von Frauen und geistigen Getränken verbracht, sondern mit der Geschichte der Sozialdemokratie verplempert. Danach hat er das ganze Risiko einer öffentlichrechtlichen Professorenexistenz getragen. In der gleichen Zeit hat Kanzler Schröder vier Mal geheiratet. Dafür will sich Baring jetzt rächen. Er fordert eine Revolution in Deutschland und berauscht sich an wilden Träumen: Er selbst steht vorne auf den Barrikaden, endlich umgeben von schönen Frauen und umschwirrt von den Kugeln der Reaktion. Das lichte Haar weht im Wind, während der Ordnungsmacht trotzig ein zerschossenes Lohnsteuerformular entgegenschleudert. Hinter ihm stehen tausende von hungernden und verzweifelten Steuerberatern, Ministerialbeamten, Erben, Ärzten (und Ärztinnen, hehe!), Dienstwagen. "Wir brauchen mehr Wettbewerb", brüllt Baring. Und: "Nieder mit der Entmündigung der Bürger." Danach übergibt er die Revolutionsführung noch schnell an einen Vertreter der kassenärztlichen Vereinigung. Er muss nähmlich dringend zur Message.

  Wir halten sie über den Fortgang der Revolution auf dem Laufenden, müssen aber noch schnell etwas aufklären.
Haben sie diese Woche den Mann mit schwarzen Hut gesehen, der in London öffentlich eine Leiche sezierte? Dieser Mann ist nicht der Schönheitschirurg von Michael Jackson. Er ist auch kein unterbezahlter Allgemeinarzt, der das neue Messerset von Rowenta promotet. Es ist der bekannte Leichenaufschneider Gunther von Hagens, der nach der Devise handelt: Die meisten Menschen sind zu Lebzeiten nutzlos und kosten Geld. Da kann man schon verlangen, dass sie nach dem Tod das Letzte aus sich herausholen lassen. Schon als Kind höhlte Hagens Salatköpfe aus und servierte sie mit Formaldehyd statt mit Joghurt-Sahne-Dressing. Jetzt hat ihn die Rürup-Kommision berufen, damit er untersucht, wie man dem Patienten nicht das letzte Hemd, sondern gleich die ganze Haut abzieht.

 

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