Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (8.September 2002)
 

  Trinken sie gerade eine Tasse Kaffee, liebe Leserinnen und Leser? Warum nehmen sie keinen Plastikbecher, der unter Verbrennung hochwertigen Kohlendioxids hergestellt wurde? Sie wollen die Umwelt schützen? Dann hätten sie auf die Ergebnisse des Umweltgipfels in Johannesburg achten sollen. Da wurde beschlossen, das bei uns produzierte Kohlendioxid einfach in die Staaten umzuleiten, wo man es – seien wir mal ehrlich – mit der Luftreinhaltung ohnehin nicht so ernst nimmt. Im Gegenteil: Ein satter graubrauner Himmel, ätzender Schleim im Mundwinkel und Russ auf dem Kopfkissen stehen für zivilisatorischen Fortschritt. Alle wissen: Wer den Dreck mal hat, kriegt bald auch das passende Chemiewerk. Das ist den Entwicklungsländern eine Stange Geld wert. Allein die Einkaufsfahrt eines US-Vierradjeeps bringt per Energiescheck 543 mexikanische Familien die ersehnte Einbauküche.

  Umweltminister Jürgen Trittin flog unter Ausstoss von etwa 2000 Tonnen Kohlendioxid (mehr ging beim besten Willen nicht) nach Johannesburg, übergab symbolisch 80 Tonnen Gas und nahm dafür einen Scheck über 260 000 Euro entgegen. Kritik von Globalisierungsgegnern wischte er beiseite: "Wir können den Entwicklungsstaaten aus pädagogischen Gründen unseren Dreck nicht umsonst überlassen".

  Doch mit der Qualmumleitung ist es nicht getan. Trittin zeigte den Einheimischen, wie man
moderne Energiesparhäuser baut. Der Grundriss ist einfach: Ein grosser Raum wird zum Kochen, Schlafen und für die Familienplanung genutzt. Das erspart den Bewohnern die verbrauchsintensiven Gänge von einem Zimmer zum anderen, wie man sie in Europa aus den Altbauwohnungen von Gymnasiallehrern und Journalisten kennt. Die so gesparten Energiekosten können für den Kauf von Abgasen aus den USA und Europa ausgegeben werden.

  Wenn nur alles so einfach wäre.
Die Arbeitslosen und der fallende DAX bringen Rot-Grün mächtig ins Schwitzen. Doch auch Stoiber macht Fehler. Er lächelt zuviel. Auf Grund einer rätselhaften Krankheit ziehen sich die Mundwinkel des Kandidaten nach oben, sobald eine Kamera auf gerichtet ist. Schröder ist das Lachen vergangen. Immerhin konnte er sich mit dem Hinweis verteidigen, dass die Zahl der Arbeitslosen immer noch besser als die Quersumme aus dem DAX-Wert und der Regenmenge pro Quadratmeter im August. Es geht aufwärts, so der Kanzler. Zu klären wäre nur noch, ob der heisse Dampf aus dem Mund unserer Politiker auch nach Afrika umgeleitet werden kann.

 

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