Um
endlich zu einer Versachlichung der Bonusflugdebatte zu kommen, haben wir zwei deutsche Politiker
auf ihren kräfteraubenden Dienstreisen begleitet:
Mittwoch, 8.30 Uhr: Frankfurt-Airport: Rezzo Schlauch
lässt sich vor der Senator-Lounge aus dem Elektrofahrzeug helfen.
Sein Kopf schmerzt noch von der Fraktionssitzung im Berliner Hotel
Adlon. Eine reizende Eurasierin führt ihn zu einem reservierten
Sitz am offenen Kamin. Er nickt sofort ein. Zur selben Zeit kratzt
sein Parteifreund Winfried
Hermann einen alten Kaugummi
aus dem rissigen Sitz seines Trecking-Rads. Es regnet. Hermann muss
zu einer Tagung über die Lage der Reisbauern im östlichen
Nepal. Auch Schlauch ist dienstlich unterwegs. Er fliegt mit der
Lufthansa Nummer 9762 nach Singapur, um eine Nähmaschine an
ein lokales Hilfsprojekt zu übergeben. Auf Grund der Belastung
hat er sich für einen Erste-Klasse-Flug entschieden.
9.30 Uhr: Hermann knetet missmutig seine nasse Breitkordhose.
Es regnet. Zur selben Zeit schnuppert Schlauch gelangweilt an einem
Amuse-Gueule, das ihm die Stewardess , eine reizende Mulattin, reicht.
Immer diese Kopfschmerzen! Vieleicht hilft Champagner. Zehn Stunden
später: Schlauch räkelt sich unruhig in seinem Full-Flat-Bett.
Sein Seidenpyjama ist schweissnass. Er träumt schwer. Aufgebrachte
Wähler bewefen ihn mit lauwarmen Fertiggerichten aus der Economyklasse.
Eine Stewardess streicht ihm beruhigend über den Kopf. Zur
selben Zeit wird Hermann von einem Autofahrer bedrängt und
kann nur mit Mühe einen Sturz vermeiden.
20 Stunden später: Schlauch kann beim Besteigen einer Rikscha in Singapur nur mit Mühe einen Sturz
vermeiden. Verdammter Champagner! Er wird von dem Rikscha-Fahrer
ins Raffles-Hotel gefahren. Der Mulatte keucht. Scheusslich diese
Arbeitsbedingungen, denkt sich der Grüne, der als soziale Gewissen
seiner Partei gilt. Auch Winfried Hermann keucht. Er kommt zu spät.
Seine Kleidung riecht wie ein nasser Hund. Doch auch in Singapur
ist die Luft schlecht. Schlauch lässt seinen massigen Leib
auf das Wasserbett gleiten und atmet tief durch.
38 Stunden später: Hermann fährt in sein Büro.
Unterwegs wird er von Arbeitslosen als Polit-Schmarotzer
beschimpft und mit Bierdosen beworfen. Auch Schlauch ist auf dem
Rückweg. Er konnte seinen Termin nicht halten, weil er einen
alten Freund aus der nicaraguanischen Befreiungskrieg an der Hotelbar
getroffen hat. Kopfschmerzen. In der Fraktion wird er für seinen
Einsatz gelobt, Hermann dagegen kritisiert. Er benutze sein Fahrrad
zur Profilierung. Hermann verspricht, künftig Bonusmeilen zu
sammeln. |